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Pfarrer Emil Weber - Ein ehemaliger Konfirmand erinnert sich
- Autor: Wilfried Strube
- Zeit: 1956
- Ort: Ev. Immanuelkirche Forstfeld
- Vom: 15.07.2021
- Themen: Stadtteilkultur, Menschen erzählen
Wilfried Strube, der 1956 in der Immanuelgemeinde konfirmiert wurde, erinnert sich an die erste Immanuelkirche, die aus einer Holzbaracke im Erlenfeld entstanden ist. Er beschreibt in kurzer Form den Weg bis zum Neubau in der Wissmanstraße. Hierbei schildert er den Werdegang und die Persönlichkeit von Pfarrer Emil Weber, der ihn konfirmiert hat. 2006 trafen sich die Konfirmanden noch einmal.
Pfarrer Weber hat zwei kleine Bücher geschrieben, die können sich Interessierte am Ende dieses Beitrages herunterladen.
Geschichte der alten Notkirche im Erlenfeld
Die Siedler im Erlenfeld errichteten einen einfachen Holzbau mit zwei Nebenräumen und einer Kaffeeküche, der am 24. Dezember 1932 feierlich eingeweiht wurde.
Dieser Saal, der 130 Sitzplätze hatte und zur Not 200 Personen fassen konnte, diente den gottesdienstlichen Zwecken ebenso wie der ersten Gemeindearbeit.
Die evangelischen Bewohner des heutigen „Forstfeldes“ mußten sich alle, mangels Kirche, im Gemeindesaal im Erlenfeld versammeln, um einen Gottesdienst abzuhalten.
Im Jahr 1938 waren bereits erstmals konkrete Planungen fertig, am Togoplatz eine neue und größere Kirche zu bauen. Leider wurde zur damaligen Zeit der Bau durch die staatlichen Stellen nicht genehmigt.
Erst durch das Anwachsen und den Wiederaufbau und Neubau in der „Städtischen Siedlung“, auf dem Lindenberg, der ehemaligen „Fieseler-Siedlung“ war es nötig geworden, einen vierten Seelsorgebezirk in Bettenhausen, den Südostbezirk, einzurichten.
Im Jahre 1948 beschloss eine Gemeindeversammlung die Erweiterung des Gemeindesaales und dessen Umbau zu einer Kirche. Da es keinerlei Mittel seitens der Kirchenbehörde gab, führten die Gemeindemitglieder, mittlerweile 6000, die Arbeiten allesamt wieder in Selbsthilfe, finanziert durch Spenden, aus.
Eine Apsis mit Sakristei wurde eingebaut, ein Turm aufgesetzt und später mit Hilfe des Landeskirchenamtes eine Glocke beschafft.
Am 3. Advent 1948 wurde die Kirche im Erlenfeld eingeweiht. Durch eine Spende des Lutherischen Weltbundes wurde der Kirchenbau in 1950 erweitert.
Ein Saal wurde angebaut, der durch eine Klappwand von der bisherigen Kirche abgetrennt war und die Kirche im Bedarfsfall auf 400 Plätze erweitert werden konnte.
So konnten die Gemeindemitglieder den Gesamtbau am 3. Advent 1950 einweihen; die Kirche erhielt den Namen „Immanuelkirche“.
Emil Weber, Pfarrer der Immanuelkirche
Die dritte Pfarrstelle in Bettenhausen hatte noch bis 1952 Pfarrer Erich Kühn inne, bis er krankheitshalber in den Ruhestand gehen musste. Im Jahr 1951 wurde eine vierte Pfarrstelle eingerichtet, diese wurde dem Spätheimkehrer und ehemaligen Jugendsekretär Pfarrer Emil Weber übertragen. Pfarrer Weber war für den Gemeindebereich Städtische Siedlung, obere Lilienthalstraße, „Lettenlager“ und einen Teil der Lossesiedlung zuständig.
Pfarrer Weber, war bekannt für seine Art, den Gemeindemitgliedern in seinen Gottesdiensten an Hand von Berichten aus dem zweiten Weltkrieg und der Gefangenschaft den Glauben und die Hoffnung zu verdeutlichen.
In den ersten Jahren war er mit dem Fahrrad in den Gemeindebezirken unterwegs. Man erkannte ihn leicht da er immer seine Baskenmütze trug, diese Kopfbedeckung war in der Gemeinde nicht weit verbreitet.
Er war ein sehr freundlicher, aufgeschlossener und modern denkender Mann, mit großem Herz für die Jugend.
Als zweiter Pfarrer war in 1956 Herr Uhl zuständig für den Lindenberg, das Erlenfeld und die ehemalige „Fieseler Siedlung“.
Später, in 1954, fuhr Pfarrer Weber mit einem 400er „Leukoplast-Bomber“, so wurde dieser Kleinwagen der Firma „Lloyd“ in den 50er Jahren im Volksmund genannt; später stieg er auf einen Lloyd-600 (Alexander) um.
Da meine Schulzeit in der damaligen „Bürgerschule Am Togoplatz“ in 1956 endete, durfte ich im Jahr 1955 bei Pfarrer Weber in die Konfirmandenstunde gehen. Wir waren damals über 50 Jungen, alle zwischen 13 und 14 Jahren, eine Rasselbande, die teilweise aus schwierigen Elternhäusern stammte und als nicht leicht zu führende Gruppe galt.
Wir kamen aus der „Städtischen Siedlung“, damals noch als „Afrika-Siedlung“ in ganz Kassel als berüchtigte Gegend bekannt, dem „Lettenlager“, der „Losse – Siedlung“, und der oberen „Lilienthalstraße“.
Es war schon eine Gruppe von heranwachsenden Jungen unterschiedlicher Herkunft und Schulbildung, die in der Konfirmantenzeit versammelt war und die geführt werden mußte.
Pfarrer Weber verstand es, uns Jungen mit seinen Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg und der anschließenden Gefangenschaft zu fesseln, vergaß aber nie uns vor Kriegen zu warnen und auf ihre Sinnlosigkeit hinzuweisen.
Wir Konfirmanden hatten zwar verschiedene Bildungsstufen aber hier zählte nur der christliche Glauben nicht die Schulbildung. Wir mussten auch Kirchenlieder und den Katechismus auswendig lernen. Das war für einige Jungen nicht leicht und so zogen sie sich zurück und gingen lieber zur „Jugendweihe“.
Ich erinnere mich noch genau daran, dass wir öfters einmal versuchten, die Konfirmandenstunde abzukürzen, indem wir die Uhr im Saal eine Viertelstunde vorstellten. Pfarrer Weber täuschte uns, indem er zunächst darauf reagierte und sagte „habe ich mich doch wieder verspätet“; er ließ uns halt eine Viertelstunde länger auf das Ende warten.
Auch der Versuch: „Herr Pfarrer, Ihr Auto müsste dringend einmal gewaschen werden“, klappte nicht immer. Einige Male waren aber auch zwei Jungen damit beschäftigt seinen PKW vor dem Kirchenanbau zu reinigen.
Er war, wie bereits erwähnt, ein Freund der Jugend. Einige von uns waren Fußballer. Sie spielten am Sonntagmorgen in der B -Jugend der Vereine „Sportfreunde 09“, „CSC 03“ und „TSV Bettenhausen“. Der Spielbeginn war immer um 9.00 Uhr. Das war natürlich mit dem vom Pfarrer verordneten Gottesdienstbesuch nicht zu vereinbaren. Nachdem Pfarrer Weber aufgefallen war, dass im Gottesdienst immer Jungen fehlten, war dies natürlich Thema in der Konfirmandenstunde. Großzügig wie er war, erlaubte er den Fußballspielern, das sie nur jeden zweiten Sonntag am Gottesdienst teilnehmen konnten.
Damals war es noch üblich, dass am Sonntag vor der Konfirmation vor der versammelten Gemeinde eine Prüfung erfolgte. Hier half er den weniger gebildeten Jungen, indem er Einzelnen genau sagte, womit er sie aufrufen würde. Somit waren alle anschließend zufrieden und der Kirchenvorstand konnte alle zur Konfirmation zulassen.
So wurden wir dann im März 1956 von Pfarrer Weber in der alten Notkirche im Erlenfeld konfirmiert.
Während der gemeinsamen Zeit von Pfarrer Emil Weber und Pfarrer Walter Eibich wurde endlich die schon lange geplante Kirche an der Wißmannstraße unmittelbar neben dem von Pfarrer Weber bewohnten Pfarrhaus gebaut. Die neue Immanuelkirche konnte nach vierjähriger Bauzeit am 1. Advent 1963 eingeweiht werden.
Ihr hoch in den Himmel ragender spitzer Kirchturm (mit Kreuz 51,40 Meter hoch) war ein auffälliges Bauwerk aus Ziegelsteinen. Diese Bauart war in diesen Jahren im Stadtteil „Forstfeld“ nicht sehr verbreitet.
Die alte Notkirche im Erlenfeld wurde fortan als Gemeindehaus genutzt. In dem neuen Gemeindehaus befindet sich nach einem Umbau die priv. Johann Hinrich Wichern Grundschule.
Pfarrer Emil Weber hat leider nur noch kurze Zeit in der neuen Kirche wirken können. Er verstarb im Herbst 1964. Noch heute erzählen die älteren Mitgliedern der Immanuelgemeinde von seiner kontaktfreundlichen und menschenfreundlichen Art.
Im Jahr 1968 verließ auch Pfarrer Eibich die Gemeinde, er übernahm eine Pfarrstelle in Kitzbühel in Tirol. Nach vielen Jahren, 1989 im Urlaub, habe ich ihn bei einem Vortrag über die letzten Naturschutzgebiete der Alpen und deren seltenen Blumen und Pflanzen, in Westendorf / Tirol wiedergesehen und wir haben über alte Zeiten in der Immanuelgemeinde unser Wissen ausgetauscht.
Hinten v. l.: Pütz, Wolfgang Schmidt, Wilfried Strube, Horst Klose, Doris Kollien, Dieter Richter, Manfred Lange,
Mitte v. l. Helmut Luckey, Brunhilde Stederroth, Karin Kestner, Marli Otto, Willi Huhn, Renate Kauk, Pfarrerin Kilian,
Vorne v. l. Monika Kamera, Heidi Rode, Marlies Bluhm, N.N., Ursula Schleiden, Sieglinde Brahm.
Von den weiblichen Anwesenden sind mir nur noch die Mädchennamen bekannt.
Wilfried Strube
Editor: Falk Urlen, Juli 2021
Fotos und Text: Wilfried Strube, Falk Urlen, Chronik der Immanuelkirche, HNA.
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Kurzbeschreibung
Wilfried Strube, der 1956 in der Immanuelgemeinde konfirmiert wurde, erinnert sich an die erste Immanuelkirche, die aus einer Holzbaracke im Erlenfeld entstanden ist. Er beschreibt in kurzer Form den Weg bis zum Neubau in der Wissmanstraße. Hierbei schildert er den Werdegang und die Persönlichkeit von Pfarrer Emil Weber, der ihn konfirmiert hat.2006 trafen sich die Konfirmanden noch einmal.
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