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Herkunft der Straßennamen in Forstfeld
- Autor: Falk Urlen
- Zeit: 2015
- Ort: Forstfeld
- Vom: 08.06.2016
- Themen: Stadtentwicklung, Künstler, Chronisten und Biografen
Am einfachsten ist die Erklärung bei den Straßen, die nach Bäumen, Landschaften oder Flurbezeichnungen benannt wurden. Warum das aber geschah, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. (Ahornweg, Birkenweg, Eibenweg, Erlenfeldweg, Erlenfeldanger, Heidenkopfstraße, Heupelsbergweg, Kalkbergweg, Lindenbergstraße, Michelskopfweg, Platanenweg, Wahlebachweg). Der Heidenkopf liegt ca. 250 m südlich des Lindenbergs (221 m über NN, auf älteren Karten 233 m), auf der Kasseler Karte ist hier der “Tannenhof“ eingezeichnet. In der Verlängerung zwischen Vollmarshausen und Eschenstruth liegt der Michelskopf. Das Gebiet um den Lindenberg wurde früher „die Haide“ genannt (Heidenkopf). Der „Heupelsberg“ (auf der Kasseler Karte) oder der „Heupelberg“ (auf der Lohfeldener Karte) ist 268 m hoch und liegt etwa 300 m südlich der Kaufunger Straße in Lohfelden-Vollmarshausen. Auch der Forstbachweg ist leicht zu erklären, wenn man weiß, dass „die Wahlebach“ auch Forstbach genannt worden war. Andererseits hieß er auf alten Karten noch „Schindeleichweg“. Unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger kennen ihn auch noch unter diesem Namen. Hinter der ehemaligen Molkerei Krell soll der Galgen gestanden haben, hier war auch der Schindacker, auf dem die Hingerichteten aus Kassel verscharrt wurden. Sie wurden z. T. vom Sauplatz hierher geschafft (geschleift).
Die Straßen „Unter dem Steinbruch“ und „Steinbruchweg“ wurden nach dem Steinbruch genannt, auf dem heute nahe der Kreuzung „Unter dem Steinbruch“ und Faustmühlenweg der Spielplatz angelegt ist. Auf einer Karte von 1859 ist der Steinbruch noch als solcher eingezeichnet. Vor 1945 war hier ein Schießstand, der dann nach dem Krieg gesprengt wurde. Betonreste sind noch zu erkennen, heute offiziell mit Graffiti besprayt. Der Steinbruchweg führte auch schon vor 200 Jahren auf seiner jetzigen Trasse an Ochshausen vorbei in die Söhre. Das ist heute der Wanderweg „Franzosenstraße“. Auf der Ochshäuser Straße fuhr man von Bettenhausen nach Ochshausen, welches erst in den 40-er Jahren mit Crumbach zu Lohfelden zusammengelegt wurde. Zunächst gehörten einige Häuser der Erlenfeldsiedler noch zu Ochshausen, und die Bewohner haben bis heute noch das Recht, in Ochshausen beerdigt zu werden. Die Eisenhammerstraße , die Kupferhammerstraße und die Straße „ Am Messinghof “ wurden nach den entsprechenden Mühlen an der Losse benannt. Auf dem Gelände Fischhausweg/Leipziger Str. - in der Nähe der Kreuzung Forstbachweg/Leipziger Straße - befand sich der „Eisenhammer“. Hier gründete der Kasseler Eisenwarenhändler Ludwig Hartwig 1845 die Firma „Hartwig et. Comp.“ als Blechwalz-Fabrik und Hammerwerk. Zuvor war diese Fabrik seit 1509 eine Papiermühle, erbaut von Landgraf Karl. Ab 1873 produzierte dann die Familie Rocholl Spazier- und Schirmstöcke mit einer Filiale in der Forstfeldstraße 5 (bis 2015 Firma Reisse), weil hier über die Waldkappeler Bahn das benötigte Holz gut angeliefert werden konnte. Der Kupferhammer befand sich seit 1679 östlich des Eisenhammers (heute Leipziger Straße 407), er gehörte zum Messinghof. Hier wurden die großen Kupfervorkommen aus Richelsdorf und teilweise aus Frankenberg mit Hilfe der Braunkohlen und der „nicht endenden Wasserkraft der Losse“ zu Messing- und Kupferwaren wie Kessel, Schalen und Glocken verarbeitet. Nach 1869 etablierten sich im Kupferhammer Brauereien und dann ab 1900 Wollwäschereien. Der Faustmühlenweg hat seinen Namen von der Faustmühle, die ein anderer Name für die Forstmühle gewesen sein soll und die sich auf dem Gelände des heutigen Messinghofes (Am Messinghof) befand. Als es noch keine Autobahn gab, ging dieser Weg, auch schon vor 200 Jahren, direkt nach Ochshausen.
Etwas schwieriger wird es beim Käseweg, für dessen Namen es mehrere Deutungen gibt. Wahrscheinlich hat der Name etwas mit den Milchprodukten zu tun, die auf diesem Höhenweg Kassel aus dem landwirtschaftlichen Gut in Niederkaufungen mit Molkereiprodukten versorgte. Dort, wo heute die Autobahn verläuft, gab es den Hasenweg, der damals noch zu Sandershausen gehörte und heute auf Lohfeldener Gebiet liegt.
Der Erlenfeldweg war ursprünglich die heutige Lindenbergstraße. Es gab in den 30er Jahren davon gleich fünf, nämlich auch noch den 1. bis 4. Erlenfeldweg. Sie waren nach den Baugruppen der Erlenfeldsiedler, die hier wirkten, benannt. Der Arbeitsbereich der ersten Baugruppe wurde der Erlenfeldweg 1 usw. Der Wahlebachweg war der 3. und 4. Erlenfeldweg, der 2. Erlenfeldweg ist heute der Lohfeldener Weg und der 1. Erlenfeldweg heißt heute nur noch Erlenfeldweg. Ursprünglich hieß der Straßenabschnitt ab Wehrbreite schon immer Wahlebachweg, weil hier in den 20er Jahren Ochshäuser gesiedelt hatten. Bis zum Autobahnbau 1938 gehörte der Teil bis Wehrbreite zu Ochshausen. Nach der Eingemeindung dieses Teil wurden die alten Hausnummer beibehalten, nach der Umbenennung der ganzen Straße in "Wahlebachweg" bekamen die Häuser neue Nummern, darum springen die Nummer ab der Wehrbreite von 22 auf 76. Die Straßen wurden erst 1958 umbenannt. Die Siedlergemeinschaft hatte zwar vorgeschlagen, die Straßen u. a. Amselweg und Meisenweg zu nennen, sie konnten sich aber nicht durchsetzen. Der Wahlebachweg sollte „Am Wahlebach“ heißen, aber auch das klappte nicht. Die Straßen in den Siedlungen gehörten bis Anfang der 50-er Jahre noch den Siedlern, die diese selber unterhalten mussten. Man sank bei Regenwetter hier bis zu 30 cm tief ein. Die Anwohner gingen in Gummistiefeln bis zur Ochshäuser Str., die als einzige Straße asphaltiert war und legten dort, bis sie wiederkamen, die Stiefel am Straßenrand ab. Die Wehrbreite hat ihren Namen von der Flurbezeichnung eines Ackerstücks, das an einem Wehr des Wahlebachs lag.
Auch in der Forstfeldsiedlung hatten die Straßen nicht von Anfang an ihre heutigen Namen, sondern - da es ja die „Fieseler-Siedlung“ war - waren alle Straßen nach ehemaligen Kampffliegern benannt. Die Erklärungen entnehme ich der „Fieseler-Zeitschrift“ von 1942. Fieseler, der selbst im ersten Weltkrieg 20 Gegner abgeschossen hatte, bestimmte, dass alle Straßen nach deutschen Kampffliegern benannt wurden, die nicht mehr am Leben waren. Eine Ausnahme ist Schröder, er war Einflieger bei Fieseler und stürzte 1936 ab. Ehemalige Werksangehörige erzählten noch, wie sie ihn nach dem Absturz aus dem Eichwald abholten. Fieseler bestand darauf, dass nach ihm, obwohl er kein Kampfflieger war, der Schröderplatz, benannt wurde. Das ist auch der Grund, warum dieser Platz und diese Straße, nicht wie die anderen Straßen, 1947 umbenannt wurden. Fieseler wollte, dass auch die Straßen in der Lohfeldener Siedlung nach Kampffliegern benannt wurden, das konnte er aber gegen die dortige Gemeindeverwaltung nicht durchsetzen.
Die Stegerwaldstraße war die „Ungewitter-Straße“. Kurt Ungewitter war ein Kriegsflieger, der im 1. Weltkrieg sechs Luftsiege errungen hat. 1927 stürzte er im Alter von 36 Jahren als Einflieger bei der Firma Albatros ab. Adam Stegerwald (1874-1945) war Politiker in der Weimarer Zeit. Er war in der Gewerkschaftsbewegung aktiv und gründete den „Zentralverband christlicher Holzarbeiter“. Von 1919 bis 1929 war er Vorsitzender des Gesamtverbandes der christlichen Gewerkschaft und des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Adam Stegerwald war 10 Jahre lang, von 1920 bis 1930, im Deutschen Reichstag und hatte in Preußen verschiedene Ministerposten inne. Kurz vor seinem Tod am 3. Dezember 1945 gründete er die CSU.
Die Kolpingstraße war die Hackmackstraße. Hans Hackmack wurde in Mexiko geboren, war Kampfflieger im ersten Weltkrieg und erwarb sich Verdienste bei der Entwicklung von Segelflugzeugen. 1928 stürzte er als Pilot der Lufthansa mit einer Messerschmidt-Maschine ab. Heute liegt an der Kolpingstraße die katholische Kirche, und so macht der Name auch Sinn. Adolph Kolping (1813-1865) war ein Sozialreformer der ersten Stunde. Er kommt aus kleinen Verhältnissen, wird Schuhmacher und wandert von Ort zu Ort. Als 23-jährigem wird ihm ein Stipendium angeboten, er studiert Theologie in München und wird 1854 zum Priester geweiht. Er schafft für die wandernden Gesellen Gesellenvereine und Hospize, um den durch die Einführung der Gewerbefreiheit entstandenen Problemen entgegenzuwirken. Am Ende seines Lebens 1865 gab es bereits 420 örtliche Gruppen, die Zehntausende von jungen Handwerksgesellen darin bestärkten, mehr aus sich zu machen. Selbsthilfeeinrichtungen wie z. B. Spar- und Krankenkassen sind dabei behilflich. Weil er sich als Seelsorger um Arbeiter und Handwerker kümmerte, hatte er mit vielen Klerikern Probleme, die meinten, er gäbe sich mit dem falschen Publikum ab.
Die Hausmannstraße hieß früher Wulf-Straße. Georg Wulf war Einflieger bei den Focke-Wulf-Werken und stürzte hier 1927 ab. „Er starb den Fliegertod“ heißt es in der Fieseler-Illustrierten. Es soll nach Aussagen des Kasseler Stadtarchivs nicht stimmen, dass die Straße nach dem Frankfurter Maler Hausmann benannt wurde, wie es noch in dem Buch von Wolfgang Rudloff steht, wer der Namenspate wirklich ist, konnte leider noch nicht geklärt werden. Wahrscheinlich war er Parteipolitiker, da 1947 viele Straßen in Forstfeld neue Namen erhielten, die gleich auf die damals bestehenden Parteien aufgeteilt wurden.
Die Radestraße war früher die Bäumerstraße. Paul Bäumer trug im ersten Weltkrieg 44 Luftsiege davon und erhielt den Orden „Pour le mérite“. Er stürzte im Dienst der Firma Rohrbach über der Ostsee ab. Martin Rade (1857 bis 1940) war Theologe und linksliberaler Politiker gleichermaßen. Im Hauptberuf war er Professor für Theologie in Marburg. Politisch aktiv war er in der Zeit von 1919 bis 1921, während der er Mitglied der preußischen verfassunggebenden Versammlung für die "Deutsche Demokratische Partei" war und sich engagiert für die Weimarer Republik einsetzte. In Kassel wurde sein Name bekannt, als er bei der Trauerfeier anlässlich des Todes des Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 4. März 1925 eine der Ansprachen hielt.
Die Singerstraße hieß Neuenhofenstraße. Willy Neuenhofen schoss im ersten Weltkrieg 15 Gegner ab und stürzte als Einflieger der Firma Junkers ab. Paul Singer (1844-1911) ist nach Kontakten mit Bebel und Wilhelm Liebknecht Mitbegründer des Demokratischen Arbeitervereins, aus dem sich später die SPD entwickelte. Nach Erlass der Sozialistengesetze hält er die Verbindung zwischen der Parteiführung in Deutschland und Marx und Engels in London. Er gründet als Berliner Stadtverordneter das formell keiner Partei gehörende „Berliner Volksblatt“, aus dem sich dann der „Vorwärts“ entwickelte. Bis zu seinem Tod 1911 ist er Mitglied des Reichstages, er wird sogar Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion. Bei seiner Beisetzung geben ihm Hunderttausende das Geleit. Siehe Anlage zu Willy Neuenhofen.
Die Lindenbergstraße hieß bis 1945 Karl-Plauth-Straße (Foto). Karl Plauth besiegte im ersten Weltkrieg 14 Gegner und starb als Einflieger 1927 bei der Firma Junkers. 1958 machte der Verwaltungsausschuss noch einmal einen Versuch, den Namen zu ändern in „Luise-Schröder-Str.“, weil die Lindenbergstraße nicht auf den Lindenberg zuführte. Aber auch diese Änderung wurde abgelehnt.
Die Martin-Schrenk-Straße heißt auch heute noch nach dem 1. Weltkriegsflieger Martin Schrenk, der als Diplom-Ingenieru in Sindelfingen ein Leichtflugzeug konstruierte, das er zu einem Volksflugzeug entwickeln wollte. 1934 startete er mit einem Höhenballon „Bartsch von Sigisfeld“ mit 9900 cbm Inhalt zu einem wissenschaftlichen Experiment in Bitterfeld. Aus ungeklärten Gründen starben er und sein Mitfahrer Victor Masuch während des Fluges, so dass der Ballon ungesteuert weiterfuhr und in Lettland zur Erde fiel. Warum diese Straße 1947 nicht umbenannt wurde, konnte ich nicht herausfinden.
In der Städtischen Siedlung, die früher fast schon offiziell Afrika-Siedlung hieß, heißen die Straßen überwiegend nach Orten oder Persönlichkeiten aus der deutschen Kolonialvergangenheit.
Der Togoplatz , der zentrale Platz in der Städtischen Siedlung, ist nach der ehemaligen deutschen Kolonie Togo an der sog. Sklavenküste im Westen Afrikas benannt. Togo war von 1904 bis 1914 eine deutsche Kolonie. 1914 besiegten Frankreich und Großbitannien die deutschen Truppen und übernahmen das Land. Dieser Platz sollte 1986 in einen Spielpark umgestaltet werden. Geplant war eine große Promenade mit Bänken und Liegewiese, ein Spielbereich für Mütter mit kleinen Kindern und Bereiche für erholungssuchende Erwachsene, ein großer Sandkastenbereich zum Bauen und Matschen und eine Rollerbahn, die im Winter überflutet und eine Eisbahn werden sollte. Dieses Projekt sollte eine Verbindung zu den Wiesen hinter dem Haus Forstbachweg werden. Nachdem Kassel eine neue Stadtbaurätin erhielt, wurde das halb fertige Projekt ohne Angabe von Gründen gestoppt. Geblieben ist eine kleine Promenade hinter der Schule Am Lindenberg.
Die Lüderitzstraße heißt nach dem Bremer Kaufmann Franz Adolf Lüderitz in dessen Auftrag 1883 H. Vogelsang in der Bucht Angra Pequena im heutigen Namibia mit Baumaterial und Waffen landete. Er baute ein Kontor, erwarb ein Stück Land und das Gebäude für 100 Pfund in Gold und 200 Gewehre und hisste daraufhin die Deutsche Flagge. Er erwarb dann mit einer Täuschung noch 75.000 km2 Land dazu. Die willkürlich festgelegte Grenze zerschnitt vielfach die Siedlungsräume der Eingeborenen und brachte daher ein hohes Konfliktpotential mit sich, welches bis heute nicht vollständig überwunden ist. Lüderitz trieb dann Handel, suchte nach Bodenschätzen, plante den Ausbau der Fischerei und war Mitbegründer der Deutschen Colonialgesellschaft Südwest-Afrika. 1886 kam er wahrscheinlich bei einem Schiffsunglück ums Leben. Aus dem angekauften Land entwickelte sich dann die deutsche Kolonie „Deutsch-Südwest“ und dann über die Mandatsverwaltung durch Südafrika der heutige selbständige Staat Namibia.
Die Windhukstraße wurde benannt nach der Hauptstadt der deutschen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“. Windhoek ist heute Hauptstadt von Namibia mit 183000 Einwohnern.
Die Wissmannstraße wurde benannt nach Hermann von Wissmann (1853-1905), Reichskommissar für Deutsch-Ostafrika (heute Tansania, Burundi, Ruanda). Hier unterdrückte er 1888 einen Araberaufstand, nachdem er von Kaiser Wilhelm den Auftrag erhalten hatte: „Siegen Sie“. Erst danach wurde das Deutsche Reich endgültig Schutzmacht über die größte deutsche Kolonie. Die Wissmanntruppe wurde in die Kaiserliche Schutzmacht umgewandelt, Wissmann selbst wurde zum Major befördert, vom Kaiser geadelt und zum Dr. h. c. der Universität Halle ernannt, denn er war auch ein bekannter Afrikaforscher, der 1880 Angola und in weiteren Expeditionen Ostafrika und Mozambique erforschte. Auf einem Gedenkstein in der Steiermark steht. „Dem kühnen Forscher - Deutschlands größtem Afrikaner“. Er starb durch einen Jagdunfall 1905.
Bis nach dem Krieg hieß die Steinigkstraße „General-Emmich-Straße“. Dieser General hatte - mit viel Glück - die Festung Lüttich im August 1914 eingenommen. Es nimmt nicht wunder, dass diese Straße so benannt wurde, da sie mitten im Krieg 1916 gebaut wurde als Wohnsiedlung mit 19 Häusern (11 zweigeschossige Vierfamilienhäuser und 8 Einfamilienhäuser) mit Kleinwohnungen (54 bis 66 m2) für die Arbeiter der neuen Munitionsfabrik. Diesem ersten Bauabschnitt sollten nach dem Willen des Architekten Paul Schmitthenner, einem Hauptvertreter der konservativen Stuttgarter Architekturschule, noch mehrere folgen. Geplant war die „Gartenstadt Forstfeld“ ähnlich der von ihm geplanten „Gartenstadt Staaken“ bei Berlin. Zu jeder Wohnung gehören Gartenland und ein kleiner Stall, und man kann sagen, dass es ein praktischer und ideeller Vorläufer der anderen Forstfelder Siedlungen war. Mit der Umbenennung nach 1945 wurde dem Kasseler Politiker Karl Steinigk (1876-1945) ein Denkmal gesetzt. Dieser war von Beruf Töpfer und in diesem Beruf zunächst in Berlin und später in Kassel tätig. Er war ein guter Freund von Philipp Scheidemann und wie dieser in der Kasseler Kommunalpolitik als Stadtverordneter der SPD tätig. In der Städtischen Siedlung - damals noch Afrika-Siedlung genannt - galt er als „Armenvater“, er erwarb sich große Verdienste durch sein Eintreten für die ärmeren Bevölkerungsteile.
Die Payerstraße ist benannt nach Friedrich Payer (1847 bis 1931), er gehörte um die Jahrhundertwende dem Reichstag als Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei an, einer Vorläuferin der heutigen F.D.P. 1918 wurde er unter Reichskanzler Max von Baden Vizekanzler.
Ursprünglich hieß diese Straße Woermannstraße, nach Adolph Woermann, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts Kaufmann, Reeder und die führende Kraft zur Schaffung von deutschen Kolonien war und beim Aufstand der südwestafrikanischen Einwohner die Überfahrt und den Nachschub für die deutschen Truppen (überteuert) durchführte.
Warum die anderen an Afrika erinnernden Straßennamen nicht umbenannt wurden, lässt sich heute nicht mehr feststellen - es wäre sicher sinnvoll gewesen. Vielleicht kann es noch nachgeholt werden, damit es dann wirklich keinen Grund mehr gibt, von der „Afrika-Siedlung“ zu sprechen.
Heinrich-Steul-Straße: Aus Frankfurt stammt Heinrich Steul (1899-1962), der dort fast zehn Jahre lang als Schulleiter der Sonderschule für Körperbehinderte und Cerebralbewegungsgestörte (Alle Bewegungsabläufe können erschwert sein: Fortbewegung ebenso wie Bewegungen der Arme und Hände und Sprechen) seinen Dienst tat. Seine rege Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Sonderschulpädagogik führte dazu, dass er in Hessen zum Berater für das Sonderschulwesen berufen wurde. Immer wieder wurde auch gefordert, die Straße in „Wilhelm-Koch-Str.“ (vgl. Kapitel SPD) umzubenennen. Da es aber in Kassel-Wehlheiden bereits eine Kochstraße gibt, kann diesem Wunsch nicht nachgekommen werden.
"Wilhelm-Koch-Platz (Häschen-Platz)", so wurde der Platz an der Kreuzung Ochshäuser Str./Forstbachweg in der örtlichen Presse genannt, da vielen der Name des Forstfelder Politikers Wilhelm Koch nicht mehr geläufig ist, der Begriff "Häschenplatz" aber schon. An einen anderen Forstfelder Politiker war schon einmal die Frage gestellt worden, ob der Platz nach ihm benannt werden soll. Dieser lehnte ab mit den Worten: "Erst einmal muss ich gestorben sein, aber Häschenplatz gefällt mir besser". Der Ortsbeirat beschloss Anfang 2014, dass der Platz den o. a. Namen erhalten sollte. Schon immer meinten die Forstfelder Politiker, dass nach dem Forstfelder Landtagsabgeordneten eine Straße benannt werden sollte, im Gespräch war die "Heinrich-Steul-Str." Das war aber nicht möglich, weil es im Kasseler Westen bereits eine Kochstr. gab. Insofern war es praktisch, den Platz so zu benenen, da hier niemand wohnte. Um das Bistro auch jetzt noch finden zu können, hat der Inhaber ein Straßenschild "Forstbachweg" an seinem Haus installiert.
Am Rande des Forstfelds verläuft schließlich die Lilienthalstraße, benannt nach dem wohl bedeutendsten Flugpionier Deutschlands. Er konstruierte ab 1891 Gleitflugzeuge und verunglückte im Jahre 1896 bei einem seiner Flugversuche in Mecklenburg tödlich. An der Lilienthalstraße waren vor 1945 mehrere Flugzeugbauer angesiedelt (Raab-Katzenstein, Junkers, Fieseler). Früher hieß diese Straße „Körnerstraße“ bzw. „verlängerte Körnerstraße“. Die eigentliche Körnerstr. liegt in Unterneustadt, wenn man aber ein Lineal daran legt, dann ist die Lilienthalstr. tatsächlich eine evtl. Verlängerung der Körnerstr.
Autor und Redakteur: Falk Urlen 2002/2016
Quellen:
Bilder: Helmut Schagrün, Falk Urlen, Wikipedia
Vergl.: Falk Urlen, Forstfelder Geschichte[n], Kassel 2002
Hinweise zum Wahlebachweg: Hildegard Spitzer
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