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Reisen und Urlaub im Zelt, die Reisewelle nach dem Krieg
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1957
- Ort: Dorfplatz an der Losse
- Vom: 20.03.2025
- Themen: Jugend- und Kindheitserinnerungen, Menschen erzählen
Camping 1959 Bodensee, Karl als "Hausherr"
Foto: Karl Wills, Kassel
Nach den Entbehrungen des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit sehnten sich die Menschen nach Unbeschwertheit. Bereits in den 1950er-Jahren rollt die Reisewelle in Deutschland. Die Westdeutschen begannen, die Welt zu entdecken. Mit dem Fahrrad, dem Motorroller, dem ersten eignen Auto oder der Bahn (dritte Klasse) machten sich die Deutschen auf: an die Nord- und Ostsee, in den Schwarzwald und die bayerischen Berge.Vor allem brachen die Deutschen in den Süden auf. Karl Wills, Jahrgang 1932, aus Kassel Bettenhausen erzählt hier seine Erinnerungen wie er mit seinen Autos der Marke GLAS Clubfahrten und Camping Urlaub machte.
Der Glas-Club-Vorsitzende Uwe Gusen schreibt 2015 in der TZ: "In den 1950ern waren nicht große Limousinen sondern Klein- und Kleinstwagen wie die Isetta von BMW, die Kabinenroller der Flugzeugbauer Messerschmitt und Ernst Heinkel - und das Goggomobil der Hans Glas GmbH im bayerischen Dingolfing (später von BMW gekauft) der Renner. Wer heute vor dem Goggo T 250 steht, rätselt, wie eine vierköpfige Familie darin Platz fand. Von der schmalen Rückbank bleiben kaum 15 Zentimeter zum Vordersitz."
Karl Wills erzählt: "Mein erstes Auto war ein Goggomobil Coupe 300 mit 15 PS, dass ich mir mit Glück eines kleinen Lottogewinns bereits 1957 kaufen konnte. Nach der Markteinführung des Googorollers wurden deutschlandweit Goggo-Clubs gegründet. In ihnen waren Goggomobilfahrer natürlich auch willkommen. Ich trat dem Goggomobil-Club-Kassel bei. Meine Frau und ich waren große Camping-Liebhaber. Bei monatlichen Treffen im Club wurden die Wochenendausfahrten geplant. Der Club besaß sogar einen eigenen ca. 20 km von Kassel entfernten Campingplatz. Auf der "Kuhkuppe " hatte uns ein Bauer eine Wiese überlassen. Hier trafen sich die Mitglieder und verbrachten viele Wochenenden.
Einmal kam am Körler Berg in der Melsunger Straße, einer etwa zwei km langen Steilstrecke, ein Goggo mit elektrischem Vorwahlgetriebe nicht hinauf. Vermutlich ein Defekt an der Sicherung, die den ersten und zweiten Gang nicht schalten ließ. Ich setzte mich ans Steuer. Mit großem Anlauf und im dritten Gang fuhr ich den Berg hinauf. Mit unserem Coupe machten wir Camping Urlaub zum Beispiel 1958 im Harz, 1959 am Bodensee und im Schwarzwald und 1960 in Lichtenau. Zur Grundausstattung gehörte in kleines Hauszelt. Zubehör wie Spiritus-Kocher, Grill und Klappstühle mit Tisch machten den Urlaub mit Zelt immer komfortabler. Später besaß ich ein großzügiges s.g. Steilwandzelt.
Als sich bei meiner Familie Nachwuchs ankündigte war klar das Goggo-Coupe würde zu klein werden. Anfangs teilte ich die Rücksitzbank in der Mitte, um die große Campingausrüstung und unseren Sohn unterzubringen. Aber auch der selbst gebaute Dachgepäckträger war keine dauerhafte Lösung. So wurde am 9. September 1960 bei der Fa. Bierschenk in Kassel ein neuer adriablauer Isar T 600 in Luxus-Ausführung gekauft. Ich war endlich Besitzer eines geräumigen Fahrzeug mit großem Kofferraum. Mit dem Isar machte ich viele Ausflüge in Deutschland z. B: nach Witten/Ruhr 1968 und vor allem Campingurlaub. Mit dem Steilwandzelt. waren die improvisierte Mahlzeit im Zelt oder davor - wenn auch beengt - durchaus gemütlich. Vordächer und Sichtwände schafften private Atmosphäre und schützten vor Sonne und Regen."
Die Massen in Westdeutschland zog es damals - auch zum Campen - zunehmend in fernere Gefilde wie Österreich, Italien und über die Alpen ans Mittelmeer.
Karl Wills berichtet: "Der Kasseler Goggomobil-Club war Teil einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Clubs aus ganz Deutschland. Von Anfang an lud der Club auf ein Treffen irgendwo in Deutschland ein. Diese fanden meist zu Ostern oder Pfingsten statt. So wurden Mitgliedern ermöglicht einmal im Jahr die schöne Heimat kennenzulernen. Mit unserem Goggo-Club aus Kassel, in den ich 1957 eintrat, trafen wir uns in Städten wie Berlin, Hamburg, München, Würzburg und Witten/Ruhr. Das jährliche Deutschlandtreffen für süddeutsche Clubs fand unterstützt von der Hans Glas GmbH immer in bayrischen Dingolfing statt.
Das Treffen der Arbeitsgemeinschaft der norddeutschen Goggomobil Clubs fand 1961 z. B. in Kassel statt. Erstmalig startete das Treffen bereits am Samstagabend mit Musik und Tanz. 15 Mitgliedsclubs mit fast 100 Fahrzeugen nahmen daran teil.
Meist wurden die Mitglieder privat bei anderen untergebracht. Bei einem Treffen in Hamburg 1964 übernachtete ich mit meiner Frau bei einem Schlossermeister in der Nähe des Michel auf Feldbetten. Durch diese zwanglose Atmosphäre ergaben sich oft auch Freundschaften.
1966 gab es Treffen in Caßdorf und Borken Treffen. Heimische Lotsendienste erwarteten die Teilnehmer vor Caßdorf und leiteten sie zum Treffpunkt vor dem Bürgerhaus in Borken. Der Ausflug führte zu einem verlassenem Bauernhof. Hier brachte ein Mitglied, Metzger von Beruf, eine Sau zum Grillen mit.
Ein anderes Sternfahrt-Wochenende fand in Würzburg vom 29. April bis 1.Mai 1967 statt. Da es damals noch keine Navis gab wurden die Teilnehmer durch Lotsendienst von Treffpunkten an der Autobahnausfahrt ans Ziel geführt. Es wurden Sehenswürdigkeiten unter Führung von Mitarbeitern und Studenten des geographischen Institutes Würzburg besichtigt. Am Sonntag fand im Festabend im Rahmen eines bunten Programms mit Tanz im Huttensaal die Ehrung des Siegers der Sternfahrt mit dem Hans-Glas-Pokal statt. Am Montag dem 1.Mai gab es einen Autokorso durch die Stadt und gegen Mittag traten alle die Heimreise an."
Obwohl Karl mit dem Isar T600 sehr zufrieden war, ließ er sich 1965 die Gelegenheit nicht entgehen, einen gebrauchten Glas 1204 von der Fa. Apel in Caßdorf zu erwerben. Diesen Wagen mit Zahnriemenantrieb der Nockenwelle empfand er als besonders spritzig. Auch hiermit unternahm die Familie viele Club-Ausflüge. Den Glas 1204 behielt er bis März 1972. Er wurde von einem Renault R16 gekauft in Caßdorf abgelöst.
Textvorlage: Karl Wills, Kassel
Editor: Erhard Schaeffer, März 2015
Quellen:
- Glas Clubnachrichten 137, Ausgabe 2023
- Karl Wills, Text und Fotos
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Kurzbeschreibung
Nach den Entbehrungen des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit sehnten sich die Menschen nach Unbeschwertheit. Bereits in den 1950er-Jahren rollt die Reisewelle in Deutschland. Die Westdeutschen begannen, die Welt zu entdecken. Mit dem Fahrrad, dem Motorroller, dem ersten eignen Auto oder der Bahn (dritte Klasse) machten sich die Deutschen auf: an die Nord- und Ostsee, in den Schwarzwald und die bayerischen Berge. Vor allem brachen die Deutschen in den Süden auf. Karl Wills, Jahrgang 1932, aus Kassel Bettenhausen erzählt hier seine Erinnerungen wie er mit seinen Autos der Marke GLAS Clubfahrten und Camping Urlaub machte.
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