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Galgen und Schindanger auf dem Lindenberg
- Autor: Falk Urlen
- Zeit: 1600-1649
- Ort: Molkerei Krell
- Vom: 20.03.2014
- Themen: Stadtentwicklung, Künstler, Chronisten und Biografen
Nachdem Elfriede Koch (Witwe des Landtagsabgeordneten Wilhelm Koch), aufgewachsen im Wahlebachweg, meine Quellensammlung von 2002 gelesen hatte, erzählte sie mir vom „Schindeleichweg“ (ab 1908 Forstbachweg) und erwähnte dabei , dass ein Galgen auf dem Gelände der Lindenberger Molkerei , also in der Nähe der jetzigen Kupferhammerstraße, gestanden hätte. Das nahm ich zum Anlass, weitere Recherchen anzustellen, da ich, bis auf den Bericht bei Bruno Jacob, davon noch nichts gehört hatte.
Bruno Jacob schrieb: „Nach dem Siebenjährigen Krieg [1763] wurden dann die Hinrichtungen auf den sog. „Krankenplatz“ unter dem Lindenberg, beim Schindanger, verlegt.“
Auf einer Karte aus dem 18. Jhd. über die Gemarkung Bettenhausen gibt es ein Gebiet mit dem Namem „Am Schindelaich“. Es wird begrenzt von der Leipziger Str., dem Schindeleichweg (Forstbachweg) und der jetzigen Waldkappeler Bahn, im Grunde das Gebiet, wo früher die Wendeschleife der Straßenbahn war. Das aber war nicht der Schindanger, das Gebiet lag in Bettenhausen, der Schindanger aber auf dem Gebiet von Kassel, also östlich des Schindeleichwegs. Das müsste das heutige Gebiet der Straßen „Am Messinghof“ und „Kupferhammer“ sein. Zum Namen „Krankenplatz“ konnte mir leider niemand etwas sagen, auch nicht die Mitarbeiter des Stadtarchivs.
Was war aber ein Schindanger oder auch Schindwasen? Schinden bedeutete im Mittelalter „die Haut abziehen“. Das machten die „Schinder“, heute würden wir sagen „die Abdecker“, mit toten Tieren, die sie verwerten und entsorgen mussten. Diese holten sie mit dem Schinderkarren ab, das war im allgemeinen ein zweirädriger Holzwagen mit einer Winde, mithilfe derer die größeren Tiere wie Pferde und Kühe auf den Karren gezogen wurden.
Diese Wagen wurden dann auch verwandt, um die Leichen der „unehrlichen“ Menschen, denen kein christliches Begräbnis zustand, wie z. B. Selbstmördern und Hingerichteten, dorthin zu bringen (Auch heute noch werden in bestimmten Gegenden Deuschlands Selbstmörder an der „Friedhofsmauer“ lieblos ohne kirchlichen Segen beigesetzt).
Damals wurden sie mit der Schinderschleife auf der Schinderschleife zum Schindanger gebracht. Die Schinderschleife war sowohl der Weg, den der Schinder mit seinem „Schinderkarren“ nahm (in Bad Wildungen gibt es heute noch eine Straße mit dem Namen „Schinderschleife“) als auch ein Gerät, auf dem der „Ehrlose“ gezogen wurde. (Im Beitrag über die Kindsmörderin finden Sie das Urteil, in dem „Das Ober Appellations Gericht am 06.10.1824 ebenfalls zu der Erkenntnis kommt, daß die Todesstrafe durch Enthauptung mit dem Schwerdt, aber ohne verschärfte Maßnahmen, wie etwa 'Schleifen zur Richtstätte‘, hier anzuwenden sei.“
Die Todeskandidaten wurden bereits mit dem Schinderkarren vom Gefängnis abgeholt und der Menge, die am Wegesrand stand, vorgeführt. Allein mit dem Schinderkarren durch die Stadt gefahren zu werden, um dann verbannt zu werden, war schon eine große Strafe. Diese waren vorher noch mit einem Brandmal versehen worden.
Oft wurden die Delinquenten auch auf dem Schafott noch eine halbe Stunde dem Volk dargeboten, bis sie nach der Hinrichtung vom Schinder auf den Schindacker gebracht wurden. Dieser wartete schon unter dem Schafott. Oft wurde der Kopf noch „aufgesteckt“, d. h. zur länger andauernden Abschreckung auf einen Pfosten gesteckt, oft auch zusammen mit der rechten Hand. Der Rest der Hingerichteten wurde eventuell auch noch auf ein Rad geflochten.
Galgen wurden auch aus Gründen der Abschreckung vor dem Stadteingang aufgerichtet. Das geschah auch schon vor dem Siebenjährigen Krieg. Der heutige Faustmühlenweg als Grenzweg zu Bettenhausen, Kaufungen und Ochshausen war eine gute Gelegenheit, den aus dem Osten kommenden Besuchern gleich beim Eingang vor der Stadt zu zeigen, wie man hier mit Verbrechern umzugehen pflegt. So wurden auch schon einmal Leichen vom Galgen beim Sauplatz wieder abgenommen und auf dem Galgen am Lindenberg wieder aufgehängt.
Dies ist ein Beitrag im Rahmen der Reihe:"Tod(t) auf dem Forst"
Autor und Editor: Falk Urlen, März 2014
Abbildungen:
- Elfriede Koch: Sammlung Hildegard Spitzer
- Karte Schindelaich: Ausschnitt aus Karte des 18. Jhd., Stadtarchiv Kassel
- Abb. rechts: Urgichtbuch der Stadt Ulm, 1594 - 1636,
- Abb. unten: "www.heinz-joachim-simon.de/kotzebue.html", ohne Quellenangabe
Literatur:
- Jacob, Bruno : Geschichte des (Dorfes und Stadtteils von Kassel) 1126 - 1926, S. 88 ff.
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Kurzbeschreibung
Nachdem Elfriede Koch (Witwe von Landtagsabgeornetem Wilhelm Koch), aufgewachsen im Wahlebachweg, meine Quellensammlung von 2002 gelesen hatte, erzählte sie mir vom „Schindeleichweg“ (heute Forstbachweg) und erwähnte dabei, dass ein Galgen auf dem Gelände der Lindenberger Molkerei, also in der Nähe der jetzigen Kupferhammerstraße, gestanden hätte. Das nahm ich zum Anlass, weitere Recherchen anzustellen, da ich, bis auf den Bericht bei Bruno Jacob, davon noch nichts gehört hatte.
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