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Die documenta 15 mit Taring Padi im Hallenbad Ost
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 2022
- Ort: Hallenbad-Ost
- Vom: 30.12.2022
- Themen: Bildende Kunst/Ausstellungen, Künstler, Chronisten und Biografen
2022 ist das 1929 errichtete Hallenbad eines der wenigen Gebäude im Bauhaus-Stil in Kassel. Erstmals wurde es von der documenta für eine Ausstellung genutzt. Auf 600 Quadratmetern präsentierte hier das indonesische Kollektiv Taring Padi sein Archiv in Form von Banner, Plakate und lebensgroße Pappfiguren, die es in den letzten 23 Jahren produziert und in verschiedenen politischen Kontexten eingesetzt hat.
Das indonesische Kollektiv Taring Padi besteht seit 1998 und arbeitet mit bildhaften Elementen, um politische Kämpfe, Widerstand und Solidarität in der indonesischen Gesellschaft aufzuzeigen. In vielen Werken von Taring Padi kommen tiergestaltige (zoomorphre) Figuren zum Einsatz, insbesondere Schweine, Wildschweine, Ratten und Hunde, die als Mischwesen aus der Kombination von Mensch und Tier Unterdrücker darstellen: gierige Kapitalist*innen, korrupte Bürokrat*innen und gnadenlose Polizist*innen und Militärs.
Die Gruppe sieht sich auf der Seite der Arbeiter*innenklasse, dabei versteht sie Organisation, Bildung und Agitation als ihre Hauptaufgaben. Mit großformatigen Bannern, Holzschnittplakaten und Wayang Kardus, lebensgroßen Figuren aus Pappe, zeigte Taring Padi künstlerische Arbeiten aus 22 Jahren in einer Retrospektive also „rückblickend“ und vom Team bewertet.
Mehr als 1.000 Pappfiguren wurden an drei Orten in Kassel installiert, so u.a. im Vorgarten und im Innenbereich des Hallenbad Ost als Teil der Archivausstellung des Kollektivs. Das Banner „People’s Justice“ am Friedrichsplatz, die Installation des indonesischen Künstlerkollektivs, war nur wenige Tage zu sehen – erst unbemerkt, wurde es nach öffentlicher Kritik wegen des als antisemitisch kritisierten Inhalts zum Skandal und schließlich abgebaut.
Die im Hallenbad Ost präsentierte Retrospektive zeigte eine Vielzahl an unterschiedlichen Arbeiten von Taring Padi, darunter jene, die in offenen Workshops gemeinsam mit verschiedenen Gemeinschaften und in einem spezifischen kulturellen und politischen Kontext entstanden sind.
Das Geschichtenerzählen mit Schattenpuppen (Wayang) ist ein traditionelles Element der indonesischen Kultur. Hier eine Einordnung der Arbeiten von Taring Padi:
Wayang als Mittel des Geschichtenerzählens und des Protests gegen die
Regierung ist eng verbunden mit den Erfahrungen des politischen Umbruchs
durch das autoritäre Regime von General Suharto: Nach einem gescheiterten
Putschversuch im Jahr 1965 ermordete das Militär unter der Führung von
Suharto bei einem Massaker mehr als 500.000 Kommunist*innen. Diese
Umstände führten zum Sturz des ersten Präsidenten Soekarno,
so dass Suharto die Regierungsgeschäfte übernehmen konnte. Mit diesem Machtwechsel
wurden unter dem Slogan „Neue Ordnung“ radikale politische und wirtschaftliche
Veränderungen eingeführt. Mit Suhartos Militärdiktatur der „Neuen
Ordnung“, die 32 Jahre andauerte, begann ein autoritäres Regime, das von den
USA, Israel, Deutschland, Großbritannien und anderen Staaten des Westens
stark unterstützt wurde. Das Militärregime kontrollierte und schränkte die
Presse- und Meinungsfreiheit massiv ein. In diesem antikommunistischen
Klima des Kalten Krieges erwirkte Suhartos Staatspolitik auch Revisionen an
Schulen und Universitäten. In dieser Zeit bildeten Studierende – vor allem an
den Universitäten – Kollektive, um dem autoritären Staat eine Gegenstimme
zu bieten. Bewusst anti-hierarchisch strukturierte Kollektive wie Taring Padi,
Ruangrupa und andere entstanden in diesem soziopolitischen Kontext.
In den 100 Tagen der Ausstellung Documenta 15 kamen sehr viele Besucher zum Ausstellungsort Hallenbad Ost. Neben der Betrachtung der künstlerischen Objekte entwickelten sich kritische und oft auch missverstandene Diskurse. Die Künstler stellten sich zeitweise den Fragen der Besucher und warfen dabei neue Fragen auf. Für den im Ansehen unterrepräsentierten Stadtteil Bettenhausen war es ein wichtiges Zeichen in der kulturellen Entwicklung weg vom Industriestandort und Autohandel. Neben der Ausstellung konnten die Gäste im Garten bei sommerlichen Temperaturen im Schatten der Bäume das vielfältige Catering bis in den späten Abend genießen.
Die Räume des ehemaligen Hallenbads Ost, das 2022 den Hessischen Denkmalschutzpreis bekam, werden auch zu künftig für kulturelle Zwecke offen stehen. Die ehemalige Schwimmhalle mit Galerie steht für Konferenzen, Seminare, Kulturevents und private Feiern zur Verfügung.
Editor: Erhard Schaeffer, November 2022
Quelle: documenta-fifteen.de/lumbung-member-kuenstlerinnen/taring-padi/aufgerufen am 05.11.22
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Kurzbeschreibung
2022 ist das 1929 errichtete Hallenbad eines der wenigen Gebäude im Bauhaus-Stil in Kassel. Erstmals wurde es von der documenta für eine Ausstellung genutzt. Auf 600 Quadratmetern präsentierte hier das indonesische Kollektiv Taring Padi sein Archiv in Form von Banner, Plakate und lebensgroße Pappfiguren, die es in den letzten 23 Jahren produziert und in verschiedenen politischen Kontexten eingesetzt hat.
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