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Vom Nachtwächter zum Hausmeister - die berufliche Biografie des Carl Moch

Laterne und Hellebarde, die Utensilien des Nachtwächters

Laterne und Hellebarde, die Utensilien des Nachtwächters
Foto: B. Schaeffer, Kassel

Als in 1906 das Dorf Bettenhausen zur Stadt Kassel eingemeindet wurde, hatte die Gemeinde neben dem gewählten Bürgermeister Philip August Müller auch mehrere Mitarbeiter, die von der kleinen Kommune angestellt und bezahlt wurden. Neben einem Gemeinderechner für die Finanzen gab es zwei Polizeisergeanten, einen Ortsbrandmeister, mehreren Lehrer und den Totengräber Carl Moch. Im Adressbuch von 1897 ist für ihn die Berufsbezeichnung Nachtwächter eingetragen. Wie die beruflich Laufbahn von Carl Moch nach der Eingemeindung weiterging, konnte an Hand diverser Eintragungen in den späteren Kasseler Adressbüchern nachvollzogen werden.

Ein Nachtwächter übernahm in der Gemeinde eine sehr verantwortungsvolle und anstrengende Aufgabe. Da er aber keiner Zunft angehörte, zählte seine Tätigkeit zu den „unehrlichen Berufen“, die in der Gesellschaft kein gutes Ansehen genossen und zudem noch schlecht bezahlt wurden. Um den knappen Lohn aufzubessern, nahmen die Nachtwächter oft noch zusätzliche Aufgaben wahr. Sie liefen als Gemeindediener und Ausrufer durch das Dorf. um wichtige Neuigkeiten zu verkünden, und/oder waren Friedhofswärter und Totengräber.
Mit seiner typischen Ausrüstung - Laterne, Hellebarde, Signalhorn und einem breitkrempigen Hut – zog der Nachtwächter während der Nachtstunden durch die Gemeinde um sicherzustellen, dass potenzielle Gefahren wie Brände Einbrüche und feindliche Übergriffe rechtzeitig erkannt und gemeldet wurden. Gegebenenfalls durfte er sogar verdächtige Personen anhalten, befragen und festsetzen bis die Polizei kam.
Da er seine Tätigkeit im Wesentlichen während der Dunkelheit auszuüben hatte, war seine Arbeitszeit im Sommer erheblich kürzer als in den langen Nächten des Winters.

Der Nachtwächter und Totengräber wohnte direkt auf dem Friedhof
Der Nachtwächter und Totengräber wohnte direkt auf dem Friedhof  Foto: Karte der Stadt Kassel, 1907

In der offiziellen Auflistung der Mitarbeiter des Dorfes Bettenhausen, zum Zeitpunkt der Eingemeindung zur Stadt Kassel, wird als Totengräber für den evangelischen Friedhof Carl Moch mit der Berufsbezeichnung Nachtwächter genannt. Er wohnte, nach dem Adressbuch von 1897, im Eichwaldweg 111 auf dem Friedhof. Für den israelitischen Friedhof war Johs. Menkel zuständig. In der benachbarten Residenzstadt Kassel waren in 1906 schon seit vielen Jahren das Militär und die Polizei für die nächtliche Sicherheit und Ordnung verantwortlich, eine Beschäftigung für einen Nachtwächter war in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen. So kam es, dass Carl Moch über Nacht durch die Eingemeindung einen wichtigen Teil seines Einkommens verlor. In dem Bemühen seitens des öffentlichen Arbeitgebers dem Bettenhäuser Nachtwächter sein Auskommen zu sichern, wurde er, seinen Fähigkeiten entsprechend, mit zusätzlichen Aufgaben betraut. In der Zeit bis 1912 findet man ihn als städtischen Friedhofswärter, Feldhüter und Flurschütz im Adressbuch von Kassel. Auch seine Wohnung in der Nähe der Friedhofskapelle mit der neuen Anschrift Fasanenweg 1 blieb ihm erhalten.

In der Bürgerschule 24 in der Wolfhager Straße 174 fand Carl Moch seine letzte Anstellung.
In der Bürgerschule 24 in der Wolfhager Straße 174 fand Carl Moch seine letzte Anstellung.  Foto: Jana Wenderoth, Stadt Kassel

In der Bürgerschule 9, einer Knabenschule, in der Mauerstraße 8 eröffnete sich für Carl Moch danach eine völlig neue berufliche Perspektive. Er zieht 1912 in die Stadt und bekommt in dieser Schule eine Anstellung und eine Dienstwohnung. Er wird dort Schuldiener, was nach heutiger Lesart einem Hausmeister gleichzusetzen ist.
Nach dem Ersten Weltkrieg, etwa ab 1919, muss er noch einmal Wohnung und Arbeitsplatz wechseln. Er wird als Schuldiener versetzt an die Bürgerschule 24 (heute: Valentin-Traudt-Schule) in der Wolfhager Straße 174 und bekommt dort seine neue Wohnung.

Der letzte Eintag im Adressuch von Kassel über Karl Moch
Der letzte Eintag im Adressuch von Kassel über Karl Moch  Foto: Adressbuch Kassel 1927

Der letzte Eintrag über Karl Moch steht in dem Adressbuch von 1927. Der Eintrag lautet: Moch, Karl Hausmeister a. D. Wolfhager Straße 174, 1. Stock.
Danach gibt es keine Notierungen mehr über ihn im Kasseler Adressbuch.

Der beruflichen Werdegang von Carl Moch zeigt, dass er als arbeitsamer Mensch, auch ohne Zunftzugehörigkeit oder anderweitige berufliche Ausbildung, mit viel Anstrengungen und unter Anpassung an die historischen Gegebenheiten über 30 Jahre lang für seinen Lebensunterhalt sorgen konnte.
Text und Editor: B. Schaeffer, Juni 2025

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Kurzbeschreibung

Als in 1906 das Dorf Bettenhausen zur Stadt Kassel eingemeindet wurde, hatte die Gemeinde neben dem gewählten Bürgermeister Philip August Müller auch mehrere Mitarbeiter, die von der kleinen Kommune angestellt und bezahlt wurden. Neben einem Gemeinderechner für die Finanzen gab es zwei Polizeisergeanten, einen Ortsbrandmeister, mehreren Lehrer und den Totengräber Carl Moch. Im Adressbuch von 1897 ist für ihn die Berufsbezeichnung Nachtwächter eingetragen. Wie die beruflich Laufbahn von Carl Moch nach der Eingemeindung weiterging, konnte an Hand diverser Eintragungen in den späteren Kasseler Adressbüchern nachvollzogen werden.

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