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Carl von Ochs – Offizier und Abgeordneter geboren in Waldau
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1750-1799
- Ort: Alt Waldau
- Vom: 30.08.2022
- Themen: Befreiungskriege 1813-1815, Bedeutende Persönlichkeiten
Mitglieder der Familie von Ochs gehörten über mehrere Generationen hinweg zu den angesehenen Offizieren und Politikern in Hessen. Carl Philipp Wilhelm von Ochs erblickte 1794 in Waldau das Licht der Welt. In seinen 52 Lebensjahren kämpfte er für verschiedene Kriegsherrn an Fronten in ganz Europa und wurde vielfach ausgezeichnet. Sein ereignisreicher Lebensweg wird in dem untenstehenden Beitrag kurz dargestellt, könnte jedoch bei weitergehenden Recherchen auch ein Buch füllen.
Adam Ludwig Ochs (*1759 +1823), ab 1802 „von Ochs“, der Vater von Carl von Ochs, zog als Soldat 1777 dem Ruf Friedrich II. folgend mit weiteren 12 000 Hessen zum Kampf auf Seiten der Engländer nach Nordamerika. Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wurde er 1781 zum Offizier im hessischen Feldjägercorps befördert. Nach Ende des Krieges, 1784, kehrte er mit den Überlebenden des Jägercorps nach Kassel zurück. Adam Ochs war der einzige Sekondeleutnant, der mit der verkleinerten Leibjägerkompanie in die Garnison in Waldau verbleiben durfte. In den folgenden Jahren vervollständigte er sein militärisches Wissen und wurde selbst als Instrukteur tätig. Mehrere lukrative Stellenangebote von anderen europäischen Fürstenhäusern musste er ablehnen, weil Landgraf Wilhelm IX. ihn nicht frei gab. Da die Hessischen Jägerbataillone im 18. Jahrhundert noch nicht in Kasernen untergebracht waren, garnisonierten sie in sogenannten Bürgerquartieren. Offensichtlich war Adam Ochs im Pfarrhaus bei Pfr. Johann Wilhelm Schoedde (*1721 - +1798) untergebracht. Er heiratete am 28. Dezember 1787 die Pfarrerstochter Marie Luise Schoedde (+1762 - +1811). Die erste Tochter aus dieser Ehe war Elise Philippine Amalie von Ochs (*1789 – 1857), die sich später als verheiratete Elise von Hohenhausen einen Namen machte.
Sein am 12. Februar 1794 in Waldau erstgeborener Sohn war Carl Philipp Wilhelm von Ochs, der es bis zum kurhessischen Generalmajor gebracht hat.
Schon im zarten Alter von zehn Jahren trat Carl als Portepeefähnrich in das Jägerbataillon seines Vaters ein und besuchte gleichzeitig in Kassel ein Gymnasium. Als im Jahr 1807, nach dem Ende der Landgrafschaft Hessen-Kassel, die Franzosen mit Jerome Bonaparte von Kassel aus das Königreich Westfalen regierten, kam Carl von Ochs als Page in das kaiserliche Institut in Saint-Cloud nahe Paris an der Seine. Nach weiterer Schulbildung in Kassel wurde Carl von Ochs 1810 erster Page des Königs Jerome Bonaparte und trat 1811 als erster Sekondeleutnant in die königlich-westfälische Garde ein.
Mit der Grande Armée zog er 1812 an der Seite Frankreichs in den Russlandfeldzug. Nachdem sich König Jerome bei der Schlacht um Smolensk am 18. August 1812 mit den Befehlshabern Davout und Vandamme überworfen hatte, kehrte er nach Kassel zurück, ließ aber seine 3000 Mann starke Garde bei der Grande Armée zurück. Die westfälischen Truppen, unter denen sich auch Carl von Ochs befand, gerieten am 19 August 1812 in einen Hinterhalt und mussten schwere Verluste hinnehmen. Carl von Ochs wurde dabei leicht verwundet.
Ab dem 7. September 1812 lieferten sich bei Borodino an der Moskwa, etwa 115 km oder drei Tagesmärsche westlich von Moskau entfernt, die von Napoleon geführte französische Grande Armée und die russische Armee unter General Kutusow eine der blutigsten Schlachten des 19. Jahrhunderts.
Die Armee Napoleons hatte eine Stärke von rund 128.000 Mann, davon etwa 28.000 Mann Kavallerie und 16.000 Kanoniere mit 587 Kanonen. Die Armee bestand aus Polen, Württembergern, Westfalen, Sachsen, Kroaten und Bayern
Der russische General Kutusow verfügte über etwa 120.000 Mann Infanterie und Kavallerie, sowie 640 Kanonen und hatte sich im September 1812 an der alten Straße von Smolensk nach Moskau verschanzt.
Am Abend vor den ersten Auseinandersetzungen ließ Napoleon folgenden Aufruf an seine Truppen verlesen: „Soldaten, das ist die Schlacht, die ihr so sehr gewünscht habt! Von euch hängt nun der Sieg ab. Wir brauchen ihn. Er wird uns reichlich Nahrung und gute Winterquartiere verschaffen und eine rasche Heimkehr ins Vaterland ermöglichen. Kämpft wie bei Austerlitz, Friedland, Witebsk und Smolensk. Möge die fernste Zukunft euer Verhalten an diesem Tag rühmen. Möge man von jedem von euch sagen: Er war bei der großen Schlacht vor den Toren Moskaus dabei!“ (Zitat: Nigel Nicolson, in „Napoleon 1812“, S. 107)
Die unvorstellbaren Verluste dieser Schlacht weichen in den überlieferten Quellen erheblich voneinander ab. Ludwig Renn schrieb von 50.000 (von 128 000) französischen Verlusten und 58.000 (von 120.000) auf russischer Seite. [Ludwig Renn: Krieger, Landsknecht und Soldat. Aufbau-Verlag, Berlin 1979, S. 124.] Exakt diese Opferzahlen hielt auch das Landesmuseum Kassel (in seiner Ausstellung in 2008 über „König Lustik und der Modellstaat Westphalen“) für sehr wahrscheinlich. Die genannten Zahlen berücksichtigen allerdings nur die Verluste der kämpfenden Truppe. Der Tross mit Transportmannschaften, Marketendern und andern Zivilisten wurden bei den vorgenommenen Erhebungen nicht berücksichtigt. Wegen der hohen Verluste auf beiden Seiten sprechen Militärhistoriker nur von einem taktischen Sieg der Franzosen.
In dieser Schlacht verlor Carl von Ochs sein Pferd, erhielt einen Schuss in die Brust und einen in den Arm, beide Kugeln konnten jedoch entfernt werden. Die westfälische Streitmacht, der er angehörte, hatte ca. 500 Mann an Toten und 2500 an Verwundeten zu beklagen.
Auf dem anschließenden Rückzug der Franzosen führte General Adam von Ochs das Bataillon der 300 verbliebenen Westfalen an. In dem Ort Orsza, etwa 10 km südlich von Borodino, fand er in einem abgelegenen Bürgerquartier seinen schwer verwundeten und an Fleckfieber erkrankten Sohn Carl. Auf einem Wägelchen liegend nahm er ihn mit und überquerte mit seinen Soldaten und seinem verwundeten Sohn Carl die Beresina bei Borrisow in Weißrussland.
Erst am 28. November 1812 erreichten die Generäle Adam von Ochs und Hans-Georg von Hammerstein mit ca. 50 Offizieren, 100 Soldaten und ca. 80 Pferden das Dorf Zembin (etwa 30 km nördlich von Borrisow). Die Flucht ging weiter, bei Kaunas über die zugefrorene Memel und unter Verlust der Kriegskasse und aller Fuhrwerke in Richtung Torun in Polen. Hier erkrankte General Adam von Ochs an Fleckfieber, einer typischen Erkrankung der Soldaten in jener Zeit, da der Infekt von Läusen übertragen wird. Inzwischen war sein Sohn Carl von Ochs soweit genesen, dass er noch vor dem Angriff auf die Stadt, sich und seinen Vater in Sicherheit bringen konnte. Ende des Jahres 1812 erreichten die letzten Aufrechten der westfälischen Truppen nach einer Flucht von annähernd 2000 km oder 60 Tagesmärschen ihre Garnison in Kassel.
Als Lohn für seine Tapferkeit und die Verwundung erhielt Leutnant Carl von Ochs von König Jérôme den „Orden der Westphälischen Krone“ und von Napoleon den „Orden der Ehrenlegion“.
Doch schon Anfang 1813 formierte sich die westfälische Armee neu. Der noch nicht 20järige Carl von Ochs kam zu der Kompanie des Generals Hans-Georg von Hammerstein und zog am 1. April erneut ins Feld. Als Adjutant des Generals August von Wolff nahm er im Frühjahrsfeldzug gegen Preußen und Russland an den Kämpfen in Nordhausen, Hoyerswerda, Luckau und Spremberg teil. Einen kurzen Waffenstillstand im Sommer 1813 verbrachte er im französischen Hauptquartier in Dresden. Danach kämpfte Carl von Ochs auf der Seite der Franzosen und Sachsen in den Schlachten bei Jüterbog, Wittenberg und Torgau. Am 23. August 1813 fand bei strömenden Regen die berüchtigte Schlacht bei Großbeeren in Brandenburg statt. Von hier mussten sich die napoleonischen Streitkräfte am 26. August 1813 unter hohen Verlusten zurückziehen. Ihr Vorrücken auf Berlin war damit endgültig gescheitert.
Am 3. Oktober 1813 gelang es den Preußen die französischen Linien entlang der Elbe durch einen Übergang bei Wartenburg zu durchbrechen. So zwangen sie die französische Armee sich nach Sachsen zurückzuziehen. Von dieser Niederlage und dem Mangel an Proviant und Kriegsmaterial waren die westfälischen Offiziere und Soldaten völlig decouragiert. Von der leichten Kavallerie hatten 60 Mann und 18 Offiziere überlebt und von den Husaren waren noch 80 Mann und 12 Offiziere übriggeblieben. Trotz allem kämpfte der Rest der Truppe am 19. Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig mit. Der nach verlorener Schlacht völlig dezimierter Haufen mit 40 Mann und 13 Offizieren kehrte in sieben Tagesmärchen nach Kassel zurück. Unter den Überlebenden war auch Carl von Ochs.
Nach dem Zusammenbruch des Königreichs Westphalen wechselte Carl von Ochs die Seiten und trat als Premierleutnant in ein Husarenregiment der Kurhessischen Armee ein. Sein Regiment folgte dem flüchtenden Truppen Napoleon in Richtung Westen. In den Regimentern der neuaufgestellten kurhessischen Streitmacht dienten auch 28 junge Männer aus Bettenhausen Für sie ließ Kurfürst Wilhelm I. nach ihrer Rückkehr in 1814 eine Ehren- und Gedächtnistafel anfertigen, die noch erhalten ist und sich im Depot des Kasseler Stadtmuseums befindet.
Im März 1814 nahm Carl von Ochs an den Auseinandersetzungen um die Festungen Longwy, Thionville und Metz teil. Der Feldzug gegen Frankreich endete mit der Kapitulation der französischen Truppen am 31. März 1814 um zwei Uhr morgens.
Napoleon Bonaparte trat am 25. April 1814 seine Reise zur Verbannung auf die Mittelmeerinsel Elba an. Durch Informanden erfuhr Napoleon, dass Ludwig XVIII. bei den Franzosen nicht beliebt war und Schwierigkeiten hatte, den französischen Staat zu lenken. Mit dem Ziel der erneuten Machtübernahme kehrte er am 1. März 1815 auf das französische Festland zurück und konnte in kurzer Zeit eine Armee von 125 000 erfahrenen Soldaten ausheben. Österreich, Russland, Großbritannien und Preußen erneuerten auf dem Wiener-Kongress am 25. März 1815 ihr Bündnis gegen Napoleon.
Im sogenannten Sommerfeldzug von 1815 war Carl von Ochs Adjutant des Oberstleutnant Schäfer. Bei der Erstürmung der Stadt Charleville an der Maas konnte sich C. v. Ochs besonders bewähren. Am 29. Juni musste der französische General Jean Baptiste Antoine Laplanche auf dem Marktplatz von Charleville dem kurhessischen Leutnant von Ochs zum Zeichen der Kapitulation seinen Degen übergeben. Mit der Schlacht bei Waterloo wurde die Niederlage Napoleons endgültig besiegelt. Am 15. Juli 1815 trat er den Weg in die Verbannung nach St. Helena an.
Mit dem Zweiten Pariser Frieden am 20. November 1815 endeten die Befreiungskriege. Auf dem Wiener Kongresses vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 hatten die politisch bevollmächtigten Vertreter aus rund 200 europäischen Staaten, Herrschaften, Körperschaften und Städten die Grenzen in ganz Europa neu geordnet.
Für seine Verdienste während der Befreiungskriege erhielt C. v. Ochs den Orden vom Eisernen Helm gestiftet von Kurfürst Wilhelm I.
In den folgenden, friedvolleren Jahrzehnten begleitete v. Ochs zahlreiche Ämter in Diensten des Landes Kurhessen auch noch in der Zeit nach 1821 unter Wilhelm II. (*1777 - +1847).
Er diente ab 1818 als Generalquartiermeister, war Mitglied der Garde-Husaren und kam danach zum Generalstab in Kassel, dort war er auch Mitglied des General-Kriegsdepartements. 1829, zum Major befördert, wurde er zum Stimmführer des IX. Armeekorps bei der Bundesmilitärkommission in Frankfurt am Main ernannt. In 1833 wurde er zum Oberstleutnant befördert und diente im Regiment Garde du Corps und war zudem Chef der Landgendarmerie. Ab 1843 wurde er als Oberst Chef des kurhessischen Generalstabes. In dieser Funktion erhielt er das Kommandeurskreuz II. Klasse des Hausordens vom Goldenen Löwen. In seinem letzten Lebensjahr, 1846, war er als Generalmajor wieder Chef des Generalstabes.
Neben seiner Beschäftigung als Berufssoldat saß er als Abgeordneter des Kurhessischen Landtages im neuerbauten Ständehaus in Kassel. In den folgenden Landtagen war er Delegierter:
- 05. Landtag, Mitglied, 1836-1838
- 06. Landtag, Mitglied, 1838
- 07. Landtag, Mitglied, 1839-1841
- 08. Landtag, Mitglied, 1842-1844
Noch spät, mit 42 Jahren, gründete Carl von Ochs eine Familie. Am 29. Dezember 1836 heiratete er in Jühnde (Landkreis Göttingen) die 18 Jahre jüngere Therese Freiin von Grote (*1812 - +1871). Das Paar hatte zwei Söhne und drei Töchter und lebte in Kassel in der Oberen Carlsstraße 89 (Am Rondell).
Im Jahr 1846 musste Generalmajor v. Ochs seinem strapazenreichen Soldatenleben Tribut zollen. Nach mehrwöchigem Krankenlager starb Carl v. Ochs am 9. Dezember 1846 an einem Nierenleiden.
Seine Witwe, Therese von Ochs, lebte noch 25 Jahre in Kassel und hat laut Adressbuch von 1870 in der Bahnhofstraße 21 (heute: Werner-Hilpert-Straße) in der zweiten Etage gewohnt.
Text und Editor: B. Schaeffer, August 2022
Quellen:
- Römheld, Adalbert, Pfarrer i.R. Die Evangelische Kirchengemeinde Kassel-Bettenhausen, Verlag Ev. Presseverband Kurhessen-Waldeck, 1972
- Jacob, Bruno, Die Geschichte des Dorfes Bettenhausen 1126-1927, Eigenverlag, Bettenhausen, 1927
- Neuer Nekrolog der Deutschen, 24. Jahrgang, Verlag Bernh. Friedrich Voigt, Weimar 1848, Artikel Nr. 224
- https://www.wikiwand.com/de/Carl_von_Ochs, aufgerufen im August 2022
- http://datenbank.museum-kassel.de/243414/, aufgerufen im August 2022
- Richard Knötel (* 12. Januar 1857, † 26. April 1914): Uniformenkunde, Lose Blätter zur Geschichte der Entwicklung der militärischen Tracht, Berlin, 1890. Band I, Tafel 43
- Zentralinstitut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR (ed.): Atlas zur Geschichte, Band 1, VEB Hermann Haack, Gotha 1989, aufgerufen im August 2022
- https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Ochs, aufgerufen im August 2022
- de.wikipedia.org/wiki/Adam_Ludwig_von_Ochs, aufgerufen im August 2022
- https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/11576, aufgerufen im August 2022
- https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/toc/1382947338432/1/, aufgerufen im August 2022
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Kurzbeschreibung
Mitglieder der Familie von Ochs gehörten über mehrere Generationen hinweg zu den angesehenen Offizieren und Politikern in Hessen. Carl Philipp Wilhelm von Ochs erblickte 1794 in Waldau das Licht der Welt. In seinen 52 Lebensjahren kämpfte er für verschiedene Kriegsherrn an Fronten in ganz Europa und wurde vielfach ausgezeichnet. Sein ereignisreicher Lebensweg wird in dem untenstehenden Beitrag kurz dargestellt, könnte jedoch bei weitergehenden Recherchen auch ein Buch füllen.
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