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Aus einem Schreinergesellen wird ein Möbelladen Besitzer
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1912
- Ort: Kasseler Osten
- Vom: 14.06.2025
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Handel und Dienstleistungen
Wilhelm Mühlhausen 1937
Foto: Familie Mühlhausen
Rainer Mühlhausen aus Fuldabrück beschreibt den beruflichen Werdegang seines Opas Wilhelm Mühlhausen. Der im 20. Jahrhundert eine Ausbildung als Schreiner absolviert, bei dem Flugzeugbauer Fieseler arbeitet, sich nach dem Krieg selbständig macht und schließlich ein eigenes Möbelgeschäft eröffnet.
Mein Opa Wilhelm Mühlhausen ( *22.04.1912 +07.06.1991) wurde in Heiligenrode geboren und besuchte dort die Schule. Er heiratete am 09.08.1936 Magdalene Hartung (*09.08.1914+04.06.2012) aus Sandershausen, wo sie bis 1940 auch wohnten. Sie bekamen drei Kinder, Gerhard (mein Vater), geb. 1937, Wilfried geb. 1943 und Marita geb. 1948.
Bei dem Schreiner Meister Wilhelm Friedrich Salomon in Bettenhausen begann er Mitte der 1920er Jahre eine Lehre als Möbelschreiner. In dieser Zeit musste er, wie er später seinen Enkeln erzählte, öfters Möbel mit einem Holzhandwagen in die Kasseler Altstadt ausliefern. Ein weiter mühsamer Weg.
Als ausgelernter Geselle wechselte er in den 1930er Jahren zum Flugzeugbauer Fieseler in Bettenhausen. Hier arbeitete er im Werk 1 in der Lilienthalstraße. Die Arbeit mit neuartigen Werkstoffen im Flugzeugbau machten ihm Spaß. Für seinen innovativen Verbesserungsvorschlag zur Einsparung des Hartgewebekunststoffes Resitex bekam er sogar im Juli 1940 eine Prämie.
In diesem Jahr zog Opa Wilhelm mit der Familie in die Söhrestrasse nach Lohfelden. Die Wohnsiedlung Söhrestraße bestand aus Reihenhäusern, die damals von der Firma Fieseler für ihre Mitarbeiter gebaut und in 1940 fertiggestellt wurden. Die Mitarbeiter hatten damit einen kurzen Arbeitsweg zu den Fieselerwerken in Lohfelden, Waldau und Kassel.
Gleich nebenan im Bereich der heutigen Berliner Straße und Söhrestraße entstand ab 1940 auch das Barackenlager Fernsicht. Hierher waren etwa 1550 Männer, Frauen und Kinder aus verschiedenen von Deutschen besetzten Ländern Frankreich, Sowjetunion, Polen, Belgien und Niederlande deportiert. Die Erwachsenen und älteren Kinder mussten als Zwangsarbeiter in den Fieseler Werken und Junkers Werken (späteres AEG-Gelände) arbeiten. Bis Ende 1941 qualifizierte sich Wilhelm Mühlhausen in seiner Firma durch eine Ausbildung zum Schreinermeister. Weil die Fieseler Werke wichtige Kriegsausrüstung produzierten, war er bis zum Ende dieser Meisterausbildung UK (unabkömmlich) gestellt und konnte nicht eingezogen werden.
Wilhelm Friedrich Salomon, der den Betrieb 1930 von seinem Vater übernommen hatte, erweitere das Geschäft 1938 um einen Möbelladen auf dem selben Grundstück. Der Schwerpunkt lag aber weiterhin auf der Schreinerwerkstatt. Als Salomon mit Beginn des zweiten Weltkrieges 1939 bis 1942 zum Wehrdienst eingezogen wurde, fehlte ein Meister und der Handwerksbetrieb musste schließen. Der frühere Lehrling Wilhelm Mühlhausen, inzwischen Schreinermeister, übernahm die Werkstattleitung bis 1946. Sein Chef kehrte erst 1948 aus russischer Kriegsgefangenenschaft heim.
Opa Mühlhausen arbeitete nach dem Krieg von 1946 bis 1948 für die amerikanischen Besatzer in Lohfelden. Mit ihrer Unterstützung konstruierte er für seine Möbelwerkstatt die erste Maschine, die aus Stahlschrott zusammengeschweißt wurde. Sie war lange im Gebrauch und standen noch bis 2016 in seiner Werkstatt.
Ab 1948 machte er sich im Lager Fernsicht selbstständig. Die Lagerbaracken dienten nach Kriegsende als Wohnraum für Flüchtlinge aus dem Sudetenland und Schlesien. In den 1960er Jahren wurden sie abgerissen und das Bauland für den sozialen Wohnungsbau genutzt. Es entstand der Friedrich-Ebert-Ring. Ein Großteil der Fläche gestaltete man zum heutigen Berliner Platz um. Hier hier erinnert sein Gedenkstein an die leidvolle Vergangenheit der Zwangsarbeiter.
1958 zog Opa mit Frau und zwei Kindern ins eigene neue Wohn- und Geschäftshaus in der Hauptstr. 49 von Crumbach. Die angebaute Schreinerei diente hauptsächlich für Änderungen an den Möbeln vor ihrer Auslieferung. Oma Magdalene (Leni) hatte 1928 bis 1931 bei Salzmann ́s Stenotypistin gelernt. Sie übernahm später die Buchführung für das Möbelgeschäft.
Für dem Transport und zur Auslieferung der Möbel benötigte das Geschäft einen Lastwagen. Den geeigneten Möbelwagen fand er schließlich bei der Firma Salomon, der er ihren alten Tempo Matador Lieferwagen abkaufte. Der Wagen wurde mit neuem Schriftzug versehen und leistete noch bis 1965 dem Möbelgeschäft Mühlhausen gute Dienst.
Text: Rainer Mühlhausen, Enkel von Wilhelm Mühlhausen
Editor : Erhard Schaeffer, Juni 2025
Fotos: Rainer Mühlhausen, Fuldabrück
Quellen:
- Eco Pfad Kulturgeschichte Lohfelden
- Fieseler Zeitung Juli 1940
- Möbel Salomon Kassel
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Kurzbeschreibung
Rainer Mühlhausen aus Fuldabrück beschreibt den beruflichen Werdegang seines Opas Wilhelm Mühlhausen. Der im 20. Jahrhundert eine Ausbildung als Schreiner absolviert, bei dem Flugzeugbauer Fieseler arbeitet, sich nach dem Krieg selbständig macht und schließlich ein eigenes Möbelgeschäft eröffnet.
Bei seiner Erzählung berichtet er auch über das Lager Fernsicht in Lohfelden, ein Zwangsarbeiterlager für die Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg. Wenn sie mehr dazu lesen wollen können sie sich die PDF über den EcoPfad Lohfelden herunterladen.
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