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NITAG ein deutsches Mineralölunternehmen der Wintershall mit eigener Tankstellenkette auch in Kassel

blaues Deckblatt Nitag Tankstellenverzeichnis

Nitag Strassenkarten 1952
Foto: Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Die Wintershall, bekannt als Düngesalzunternehmen erkannte schon in den 1930er Jahren die Zeichen der Zeit und schuf sich ein zweites Standbein durch die Förderung und Verarbeitung von Erdöl und Gas. Zum Unternehmen gehörten auch die NITAG Deutsche Treibstoffe AG und nach der Fusion mit der Gasolin AG die Deutsche Gasolin-NITAG-AG. Diese hatte in Kassel bis 1968 eine Firmenniederlassung, mehre Tankstellen und betrieb in Bettenhausen ein Propangaslager.

Deckblatt Nitagatlas Deutschland 1938
Nitagatlas Deutsche Treibstoffe AG 1938  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Die Wintershall wurde am 13. Februar 1894 in Bochum gegründet. Gründer dieser Bohrgesellschaft für Kalisalze waren der Maschinenfabrikant und Bohrunternehmer Carl Julius Winter aus Kamen und der Bochumer Industrielle Heinrich Grimberg. Im Jahre 1898 verpflichtete man den jungen 28- jährigen August Rosterg als Bohringenieur für den Schacht Heringen. Rosterg schaffte es durch Innovationen (Tomson'schen Wasserziehmethode) und einem gewissen Maß an Risiko diesen Schacht für damalige Zeit relativ schnell aufzuschließen.

Nun konnte Wintershall qualitativ hochwertiges Salz zu günstigen Preisen anbieten. Gleichzeitig baute Wintershall eine Kaliumchlorid und Sulfatfabrik, die aus dem Rohsalz hochwertiges Düngesalz produzierte. Aus dem Mitte der 20er Jahre stattfindenden Konzentrationsprozess in der Kali- Industrie ging Wintershall neben Salzdetfurth und Burbach als Einer der drei Großen hervor. 1925 nahm die Gewerkschaft Wintershall ihr bis dahin weltgrößtes Kaliwerk bei Merkers in Betrieb.

Nitag Benzinzapfsäule gelb-blau
Nitag-Zapfsäule 1951  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Als im Jahr 1930 eine Schlagwetter Explosion in dem Schacht Volkenroda Öl zu Tage brachte, war dies ein Wendepunkt im Unternehmen Wintershall. Wintershall baute sich ein zweites Standbein mit der Förderung und Verarbeitung von Gas und Erdöl auf. Die einsetzende Motorisierung benötigte immer mehr fertige Ölprodukte und so wurde aus dem einstigen Kalisalzproduzenten ein Mischkonzern. Als Volkenroda versiegte erschloss man das Erdölfeld bei Nienhagen. Mit der Raffinerie in Salzbergen stieg nun Wintershall ins Ölgeschäft mit ein.Wintershall mauserte sich zum zweit größten Chemiekonzern hinter der I.G. Farben.

Die NITAG war ein deutsches Mineralölunternehmen mit eigener Tankstellenkette. Der Hauptsitz war in Hamburg. Im Jahre 1934 übernahm die Wintershall die Napthaindustrie und Tankanlagen AG Berlin (NITAG). Die Wintershall hatte die Mehrheit an der vorher unabhängigen NITAG und firmierte sie als ihre Vertriebsorganisation vor 1938 in NITAG Deutsche Treibstoffe AG um. Weitere Vertriebsorganisationen der Wintershall waren MIHAG, Wiesöl und Wintershall Mineralöl GmbH.

Am 26.März 1936 wurde die Mitteldeutsche Treibstoff und Ölewerke AG Kassel gegründet. Dies war das Resultat der vom Deutschen Reich angestrebten und vorgegebenen Ölautarkie. Mit dem Prozess der Kohlehydrierung konzentriert man sich auf die Herstellung von Synthetischem Benzin.

Im Treibstoffwerk Lützkendorf wurden verschiedene Ölfertig- und Halbprodukte, sowie Diesel als anfallendes Nebenprodukt produziert.1944/45 wurden die Raffinerie Salzbergen und das Treibstoffwerk Lützkendorf völlig zerstört.

1945 fiel die NITAG in Österreich (im sowjetischen Sektor) als „deutsches Eigentum“ an die Sowjetische Mineralölverwaltung (SMV). Durch die Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland verlor Wintershall einen Teil der NITAG-Tankstellen. Die im Westen blieben erhalten.

1948 nach Fortfall der Produktionsbasis für die Deutsche Gasolin durch die Demontage des Werkes Leuna in der Ostzone gab es keine deutsche Benzinvertriebsgesellschaft mehr. Es bestanden nur noch restliche Vertriebsorganisation Bindungen zur Deutschen Shell, der Tochtergesellschaft des britisch-holländischen Oelkonzerns Royal Dutch-Shell.

Ab 1950 beliefert die Progas Kassel ihre Kunden aus dem obestehenden Nitag-Lager Sandershäuser Straße 80 mit verflüssigtem Treibgas.

1952 kamen Wintershall AG und die Deutsche Erdöl AG überein ihre Vertriebsorganisationen zu verschmelzen. Die Deutschen Gasolin AG (Berlin / Hannover), die 1926 durch die IG-Farben-Industrie zusammen mit ESSO und Shell gegründet wurde und die Nitag Deutsche Treibstoff AG (Hamburg) verschmolzen zur Deutschen Gasolin-Nitag AG. Die bundesweit ca. 2000 Tankstellen der Gasolin und die 650 Tankstellen der NITAG wurden übernommen und weitergeführt.

Fritz Pfeiffer, geb. 1896, langjähriger Direktor bei Gasolin, seit 1952 in der Geschäftsleitung in Frankfurt / Main, wurde nach der Vereinigung von Gasolin und Nitag mit der Leitung der neugegründeten Niederlassung Kassel beauftragt. Sitz der Deutsche Gasolin-Nitag AG war in der Friedrich-Ebert-Str. 26 (Nordsternhaus) in Kassel.

Nitag LOGO gelb-blau
Nitag Logo nach 1956  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

1956 wurde die Wintershall Aktionärin der BV-Aral unter Einbringung ihrer Tankstellenorganisation NITAG und der Anteile an der Gasolin. Der Hamburger Firmensitz wurde aufgegeben. Die Nitag vertrieb die Treibstoffe aus der Emsland-Raffinerie in Lingen sowie Schmieröle der Winterhall-Raffinerie in Salzbergen bei Rheine. Die Firmenfarben Gelb-Grün (wie das gelb-grüne BP-Logo) wurden wegen des weltweiten Vertriebs auf die neuen Firmenfarben Gelb-Blau umgestellt. 1956 erweiterte die Deutsche Gasolin-NITAG-AG ihr langjähriges Tankstellenverzeichnis und Autokartenprogramm.

Nitag LOGO grün-gelb
Nitag Logo bis 1956  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Zu dem Vertriebsnetz der Deutschen Gasolin-Nitag AG in Kassel gehörten neben dem Propangas- und Kraftstoffager in der Sandershäuser Straße 80 mit einem Privatanschlußgleis vom Bahnhof Kassel-Bettenhausen, etliche Tankstellen im Stadtgebiet wie z.B. die Großtankstelle in der Landgraf-Karl-Str. 10 und die Tankstelle Kassel Wilhelmshöher Allee 103. 1961 wurde an der Ecke Sandershäuser Str./Leipziger Str. eine neue Tankstelle der Gasolin-Nitag AG eröffnet. Erster Pächter war Lucian Mattiucci. Eine moderne Waschhalle mit Warmwasserwaschanlage war der Tankstelle angegliedert. Sie wurde als „Ersatz" für die abgebrochene Nitag-Tankstelle an dem Kreuzungspunkt Leipziger Straße/Sandershäuser Straße gebaut, die der Straßenverbreiterung und der Untertunnelung weichen musste.

Tankstelle an der ein Ford Taunus P3 (Badewanne) betankt wird
Tankstelle in der Sandershäuser Straße 1961  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Die Deutsche Gasolin-Nitag AG schloss im Zuge der Konzentration des Vertriebsapparates zum 1. Januar 1968 letztlich ihre Niederlassung in Kassel und gliederte sie der Hauptniederlassung in Hannover an. 60-70 Mitarbeiter aus Kassel wurden nach Hannover oder an andere Standorte umgesetzt. Gasolin wendet sich verstärkt dem Tankstellengeschäft, das 3500 Stationen umfasste, zu. Die Belieferung von Großkunden mit Kraft- und Schmierstoffen erfolgte danach durch die Aral AG. Später wurde auch der Standort des Tanklagers an der Sandershäuser Straße 80 in Kassel Bettenhausen, auf dem die Wintershall weiterhin ein Heizöllager betrieb, aufgegeben.

LKW Betankung an der Tankstelle Spedition Schmelz, 2015
Tankstelle der Spedition Schmelz auf dem ehemaligen Wintershall-Nitaggelände in der Sandershäuser Straße  Foto: Erhard Schaeffer, Kassel, 2015
Rot-weiss Logo Gasolin
Logo Gasolin 1970  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e. V.

Editor: Erhard Schaeffer, Februar 2015

Quellen:

  • Hessische Nachrichten 13.12.1955
  • Hessische Allgemeine 18.01.1961 und 3.11.1967
  • www.petrolmaps.co.uk
  • alte-tanksaeulen.de
  • dasgeiseltal.de
  • lexikon.freenet.de/Wintershall

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Kurzbeschreibung

Die Wintershall, bekannt als Düngesalzunternehmen erkannte schon in den 1930er Jahren die Zeichen der Zeit und schuf sich ein zweites Standbein durch die Förderung und Verarbeitung von Erdöl und Gas. Zum Unternehmen gehörten auch die NITAG Deutsche Treibstoffe AG und nach der Fusion mit der Gasolin AG die Deutsche Gasolin-NITAG-AG. Diese hatte in Kassel bis 1968 eine Firmenniederlassung, mehre Tankstellen und betrieb in Bettenhausen ein Propangaslager.

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