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In Bettenhausen geht die Post ab!
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1877
- Ort: Postamt Bettenhausen
- Vom: 16.09.2010
- Themen: Stadtentwicklung, Handel und Dienstleistungen
Die Entwicklung des Postverkehrs in Bettenhausen hat mit der Verstaatlichung der Post in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen entscheidenden Aufschwung erhalten. In Bettenhausen ging viele Jahrzehnte die Post für eine ganze Region im Kasseler Osten ab. Die industrielle Entwicklung und der technische Fortschritt veränderten die staatliche Postzustellung in Bettenhausen vom einstigen Botendienst über Landzustellbereiche mit Landbriefträgern, die Verteilung mit der Bahnpost und zeitweise mit Flugzeugen im Luftverkehr bis hin zu einer modernen Dienstleistung der privaten Deutschen Post AG . Der Standort des Postumschlags lag dabei fast immer an der Leipziger Straße .
1719 kam es zu einer Vereinbarung zwischen Thurn und Taxis und Hessen-Kassel, in der der Fürst die hessische Landespost anerkannte. 1724 wurde das fürstlich-hessische Postreglement nebst der „Taxa“ veröffentlicht. Hessen-Kassel verpachtete 1763 sein Postwesen an den Geheimen Kriegsrat Uckermann für 10.000 Taler, später wurde auf 12.000 Taler erhöht. Die erweitere Postordnung bestimmt 1788 u. a. die Livree der Postillione: "Blauer Rock mit roten Aufschlägen, Beinkleider aus weißen Tuch und großer Hut mit silberner Bandtresse". Die Leipziger Straße wird eine wichtige Poststraße zwischen Kassel, Leipzig und weiter nach Berlin.
1807 kommt es zur Gründung des Königreichs Westphalen mit der Hauptstadt Kassel. Es wird eine kgl. westphälische Landespost nach französischen Muster eingerichtet. Die taxisschen Posten im Königreich werden aufgehoben.
Nach dem Zusammenbruch des Postdienstes durch das fürstliche Unternehmen Thurn und Taxis übernahmen die Preußen im Jahre 1866 das Postwesen in staatliche Hände. In der Folge wurde in dem damaligen Kirchdorf Bettenhausen am 16. August 1877 erstmalig ein Postamt eingerichtet, das im Hause Leipziger Straße 158 untergebracht war. Am 1. April 1879 wurde das Postamt, das als einzige Postverbindung zunächst Botenpost nach Kassel ausführte, in den neu erbauten Bahnhof Bettenhausen in der Leipziger Straße 90 verlegt.
Mit der Zunahme des Postverkehrs erfolgte die Postbeförderung später nicht mehr durch Boten, sondern ab 1889 über eine neu eingerichtete Landpostverbindung Kassel - Bettenhausen - Waldau - Ochshausen - Vollmarshausen - Wellerode. Die Postversorgung dieser Orte, die seinerzeit zum Geschäftsbereich des Postamts Bettenhausen gehörten, führten Landbriefträger aus. Später wurden auch Sandershausen und Heiligenrode in den Landzustellbereich ein bezogen. Mit steigendem Postaufkommen reichten die Räume im Bahnhofsgebäude nicht mehr aus. Der Kaufmann Wendt errichtete auf der Grundlage eines Vertrags mit der Postverwaltung im Jahre 1905 ein geeignetes Gebäude auf dem Grundstück Leipziger Straße 98. Nach der Eingemeindung des Ortes Bettenhausen in das Stadtgebiet von Kassel erhielt das Postamt die Bezeichnung „Kassel – Bettenhausen“. Bei der Inbetriebnahme der Söhrebahn am 22. August 1912 wurde gleichzeitig eine dem Postamt unterstellte Bahnpost eingerichtet, die nun die Post den an dieser Strecke gelegenen Orten zuführte.
Als in den Jahren 1927/28 mit der sog. Verkraftung der Landpoststrecken durch Postkraftfahrzeuge begonnen wurde, verkleinerte sich auch der Landzustellbereich. Dem in der Sandershäuser Straße gelegenen „Telegraphenzeugamt Kassel“ wurde zunächst eine Instandsetzungswerkstatt für Postkraftwagen angegliedert. Sie führte als selbstständiges Amt unter der Bezeichnung ,,Bezirkswerkstatt für Kraftwagen" (BWKw) in der Lilienthalstraße 5 sämtliche Instandsetzungen für die im nordhessischen Raum eingesetzten Postkraftfahrzeuge in eigenen Werkstätten aus.
Durch die schnelle Entwicklung des Vororts Kassel - Bettenhausen zu einem ausgesprochenen Industrieviertel steigerte sich auch der Postverkehr weiterhin erheblich. Während bei der Einrichtung des ersten Postamts nicht mehr als 3 bis 4 Bedienstete vorhanden waren, beschäftigte die Post in Kassel - Bettenhausen im Jahre 1903 zehn Beamte, 1913 waren es 21 und 1919 bereits 27 Bedienstete. In der Zeit nach Beendigung des Krieges 1914/1918 und der darauf folgenden Inflation, in der zunächst ein großer Teil der Industrie brachlag, trat auch ein Stillstand im Postwesen ein.
Als im Frühjahr 1926 Kassel in den Luftverkehr einbezogen wurde und einen Flughafen in Waldau erhielt, wurde auch eine Postdienststelle mit der Bezeichnung "Kassel-Flughafen" in Betrieb genommen. Das Postamt Kassel - Bettenhausen diente damals als Leitort für Pakete nach den Niederlanden, Großbritannien und der Tschechoslowakei, die über die Luftlinie Prag – Marienburg - Kassel - Rotterdam befördert wurden. Leider musste diese Luftverbindung bereits nach zwei Jahren wieder aufgehoben werden.
Da die Diensträume in der Leipziger Straße 98 nicht mehr ausreichten, wurde das Postamt am 1. April 1932 im Gebäude der Firma Sigurd GmbH., Leipziger Straße 134, untergebracht. Am Sonntag, dem 1.10.1943 erfolgte abends zwischen 22 und 23 Uhr ein Luftangriff auf das Industriegebiet von Kassel - Bettenhausen. Dabei wurde auch das Postgebäude von mehreren Brandbomben getroffen und schwer beschädigt. Auf die Dauer war ein Verbleiben in den Räumen nicht mehr möglich. Der Postbetrieb musste in die Schule an der Eichwaldstraße verlegt und von dort bis Ende des Zweiten Weltkrieges durchgeführt werden.
Nach der Wiederaufnahme des Postdienstes im Herbst 1945 wurde das Postamt wieder in den früher benutzten Räumen in der Leipziger Straße 98 untergebracht. Durch die nach und nach aufblühende Industrie und die Vergrößerung des Orts durch zahlreiche Wohn- und Industriebauten trat auch eine erhebliche Steigerung des Postverkehrs ein. Für die Eilzustellung und die Zubringerfahrten vom Bahnhof Kassel zum Postamt Kassel - Bettenhausen dienten zwei Kraftfahrzeuge, wodurch eine schnelle und unmittelbare Zuführung der mit den Bahnpostzügen eingehenden und der abgehenden Postsendungen gewährleistet wurde. Die Beschäftigungszahl stieg schnell von anfänglich 27 Bediensteten auf das Doppelte. Der Ortsbereich war in 20 Zustellbezirke aufgeteilt, die Briefpost wurde werktäglich zweimal ausgetragen. Außerdem standen 90 Postschließfächer für die Abholung der Postsendungen zur Verfügung.
1975 wurde in Kassel die „Neue Hauptpost“ in der Unteren Königstraße fertiggestellt. Bis dahin sortierte man die Post u.a. für Bettenhausen und Forstfeld in Bettenhausen. Die „Alte Hauptpost“ in der Friedrich-Ebert-Straße fasste nach der ersten Sortierung alle Sendungen für den Kasseler Osten zusammen und beförderte sie weiter nach Bettenhausen. Wenn die Postanschrift statt „Kassel“ „Kassel-Bettenhausen“ lautete, z. B. auch für den Stadtteil Forstfeld, wurde sie direkt zum Postamt Bettenhausen befördert und auf diese Weise einen Tag eher zugestellt. Nachdem im neu erbauten Hauptpostamt die gesamte Kasseler Post sortiert wurde, war eine solche Anschrift nicht mehr nötig. Aufgrund dessen glauben z. B. viele Forstfelder Bürgerinnen und Bürger auch heute noch, im Stadtteil Bettenhausen zu wohnen.
1995 entstand aus der Behörde Deutsche Bundespost durch Privatisierung gemeinsam mit der Deutschen Telekom AG und der Postbank AG die Deutsche Post AG. Die ehemalige Monopolstellung der staatlichen Deutschen Post regelt nach fast 130 Jahren heute die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post unter anderem mit dem Postgesetz. Seitdem wuchs die Deutsche Post AG vor allem durch Unternehmenskäufe. Seit dem 1. Januar 1997 werden 1.190 eigene Filialen abgebaut und 287 Agenturen in Betrieb genommen. Nach den Postgesetzen ist vorgeschrieben, dass bundesweit 12 000 Postfilialen vorgehalten werden müssen, davon 5000 mit unternehmenseigenem Personal. In Bettenhausen ist das Postamt inzwischen aus der Leipziger Straße 98 ausgezogen. Das Gebäude wird durch einen Handwerksbetrieb genutzt. Informationen über die Post und ihre Produkte erhalten die Bettenhäuser in der Postfiliale (Postlädchen) in der Leipziger Str. 187. Nach dem die Post die Provisionen der Postagenturen kürzt, schließt die Betreiberin Claudia Scholz 2014 ihre Filiale in Bettenhausen.
In 2015 ist die Postfiliale ins Haus Dormannweg 1 umgezogen. Inhaberin Silvia Neuradt und Mitarbeiterinnen bieten sämtliche Leistungen der Post mit Ausnahme von Postbankgeschäften an.
Editor: Erhard Schaeffer 9/2010
Quellen:
- Kurt Klehm, 1956
- www.deutschepost.de, 2010
- wikipedia.org/wiki/Deutsche_Postgeschichte
- Museums für Kommunikation Frankfurt am Main
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Kurzbeschreibung
Die Entwicklung des Postverkehrs in Bettenhausen hat mit der Verstaatlichung der Post in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen entscheidenden Aufschwung erhalten. In Bettenhausen ging viele Jahrzehnte die Post für eine ganze Region im Kasseler Osten ab. Die Industrielle Entwicklung und der technische Fortschritt veränderten die staatliche Postzustellung in Bettenhausen vom einstigen Botendienst über Landzustellbereiche mit Landbriefträgern, die Verteilung mit der Bahnpost und zeitweise mit Flugzeugen im Luftverkehr bis hin zu einer modernen Dienstleistung der privaten Deutschen Post AG . Der Standort des Postumschlags lag dabei immer an der Leipziger Straße.
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