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75 Jahre Gaststätte Limmroth
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1977
- Ort: Huthstraße
- Vom: 16.10.2011
- Themen: Jubiläen, Gaststätten
Man schrieb das Jahr 1902, die ersten beiden Häuser Salzmannshausens waren fertiggestellt und bezogen worden. In einem der beiden eröffnete der Besitzer, Herr Caspar Limmroth, seine Gaststätte "Zur Erholung", die spätere Gaststätte Limmroth in der Huthstraße 2.
Zunächst war man auf Gäste angewiesen, die mit ihren Familien eine Wanderung unternahmen und hier in der Gaststätte Rast machten. Die Butterbrote wurden ausgepackt, der Vater bekam ein helles und die Mutter ein dunkles Bier. Die Kinder durften für 10 Pfennig ein Glas Quatsch trinken (Himbeersaft mit Wasser). Man ruhte sich aus und zog dann weiter. Es waren ruhige und gemütliche Zeiten. Vorbeiziehende Fuhrleute mit ihren Pferdegespannen kehrten auch gern hier ein, um sich mit einem guten Schluck den Staub der Landstraße hinunterzuspülen.
Doch schnell war Salzmannshausen größer geworden. Eine Anzahl von Vereinen entstanden: ein Wanderklub, ein Fußballverein, ein Gesangverein und ein Schützenverein. Der Treffpunkt war natürlich das Vereinslokal, die Gaststätte Limmroth.
Es wurde damals auch geschlachtet und Eisbein und „Sulperknochen“ (eingelegte Schweinerippchen, Schnauzen und Pfoten) über die Straße verkauft. Auch der Verkauf von Bier erfolgte über die Straße, allerdings nicht als Flaschenbier, sondern in Krügen oder Gläsern, die in Drahtkörbe gestellt wurden. Wenn man dann zu Hause war, gab es kaum noch Schaum auf dem Bier. An einem Schalter, der im Hausflur war, wurden die Getränke ausgegeben. Man musste anklopfen und wurde dann bedient.
An festgelegten Tagen kam der Bierwagen, ein Gespann mit zwei kräftigen Rössern davor. Ein schweres Lederkissen wurde auf die Erde gelegt und das Fass Bier vom Kutscher darauf geworfen. Es waren schwere, große Holzfässer, die in den Keller gerollt wurden. Hinten auf dem Bierwagen befand sich eine große Kiste, in der viereckige Stangen Eis lagerten. Mit einem Haken wurde die Stange nach vorn gezogen und der Bierkutscher nahm sie auf die Schulter, die durch ein Lederpolster geschützt war. Das Eis wurde zum Kühlen des Bieres benötigt, denn elektrische Kühlsysteme gab es natürlich noch nicht. Der Kutscher bekam, ehe er wieder auf den Wagen stieg, ein Glas Bier oder einen "Kurzen" mit auf den Weg, denn Trunkenheit am Zügel wurde noch nicht bestraft.
In den Jahren vordem Ersten Weltkrieg gab es weder Gaslicht noch die Glühbirne, man saß beim Schein der Petroleumlampe gemütlich beim Bier und ein Kohleofen gab seine Wärme ab. Um auf die Toiletten zu gelangen, musste man über den Hof gehen, das war besonders im Winter nicht immer angenehm.
Um das Jahr 1920 stand eine Orgel in der Gaststätte, die zum Tanz aufspielte. Allerdings musste sie mit der Hand gedreht werden, um ihr die Töne zu entlocken. Junge Burschen im Alter von 15-17 Jahren brachten die Orgel zum Klingen und bekamen dann pro Lied einen Groschen. Dafür konnte man immerhin eine" Tulpe" (ein kleines Glas Bier) kaufen. Wenn die Burschen ihren versprochenen Groschen einmal nicht bekamen, dann drehten sie mal langsam und mal schnell, sodass ein Tanzen unmöglich war. So fand sich schnell ein Tänzer, der den Groschen spendierte. In diesen Jahren wurde regelmäßig die "Salzmannshäuser Kirmes" gefeiert und das waren dann schöne, fröhliche Festtage für ganz Salzmannshausen.
Dann brach der Zweite Weltkrieg mit all seinem Elend aus. Die Gaststätte musste, wie alle anderen Gebäude, abends verdunkelt werden, und es gab das sogenannte "Sportbier" , ein Alkohol armes Bier. Zigaretten bekam man nur auf Raucherkarten, oder es wurde „Rauchertee“ inhaliert, der unheimlich stank. Bei den schweren Bombenangriffen auf Kassel und Salzmannshausen wurde das Haus der Gaststätte Limmroth nur leicht beschädigt, allerdings stand das Wasser bei der Überschwemmungs-Katastrophe, die nach der Bombardierung der Edertalsperre entstand, bis in den Schankraum. Dann kam der Tag, an dem der Krieg endlich zu Ende war. Es gab keine Bomben und keine Verdunkelung mehr, aber Lebensmittelkarten, Raucherkarten und Bezugsscheine wurden beibehalten. Der schwarze Markt blühte auf und das Leben in der Gaststätte ging weiter. Es wurde wieder getanzt, und zwar nach Radiomusik. Als Eintritt wurde ein Brikett mitgebracht, um das Nebenzimmer zu heizen (auch Kohlen waren rationiert).
1948 kam dann die Währungsreform, und es wurde langsam alles besser. Es gab normales Bier, das Glas für 28Pfennig, und Schnaps und Zigaretten konnte man auch wieder kaufen. Die Vereine, die vor dem Krieg bestanden, existierten alle nicht mehr. Der letzte, der Schützenverein Salzmannshausen, hatte 1945 seine Gewehre aus Angst, dass Sie entdeckt werden könnten, in die zahlreich vorhandenen Bombentrichter geworfen. Aber schon 1948 wurde, wie in den Jahren um 1926, wieder Kirmes in Salzmannshausen mit Kirmesburschen, Musik und Fröhlichkeit gefeiert.
1954 wurde von der Familie Limmroth ein Fernsehapparat angeschafft. Es war einer der Ersten in Salzmannshausen. Am Samstagabend kamen die Familien, um sich bei Bier und Sprudel an den Späßen von "Kuli" und "Frankenfeld" zu erfreuen. Seit 1962 wurde die Gaststätte in der 3. Generation von Frau Kanstein geführt und 1975 von ihr übernommen. Es wurde renoviert und umgebaut, geräumige moderne Toiletten entstanden und die Küche wurde so vergrößert, dass heute zahlreiche Speisen auf der Karte stehen können.
Inzwischen ist die Gaststätte wieder Heimat für drei Salzmannshäuser Vereine dem Skatclub Salzmannshausen, dem Kleingärtnerverein Osterholz und dem Kleingärtnerverein Salzmannshausen die hier ihre Feste feiern und ihre Zusammenkünfte abhalten. Auch zu Tanzabenden und zum Schlachtetest wird heute noch von der Gaststätte eingeladen.
Am 21 Mai 1977 wurde das 75-jährige Jubiläum gefeiert und Frau Kanstein nahm die Glückwünsche der Brauerei, der Vereine und der Stammgäste entgegen. Am Nachmittag spielte das Mundharmonika-Orchester Sandershausen und am Abend bei Musik und Tanz wurde wohl auch von den vergangenen Zeiten gesprochen und manche schöne Stunde in das Gedächtnis zurückgerufen.
Autor: Willi Friedrich
Editor: Erhard Schaeffer, 2011
Quelle:
- 75 Jahre Salzmannshausen, Willi Friedrich 1977
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Kurzbeschreibung
Man schrieb das Jahr 1902, die ersten beiden Häuser Salzmannshausens waren fertiggestellt und bezogen worden. In einem der beiden eröffnete der Besitzer, Herr Caspar Limmroth, seine Gaststätte "Zur Erholung", die spätere Gaststätte Limmroth in der Huthstraße 2.
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