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Bomben auf die Blücherstraße

Zeichnung von der Fassade der Häuser Blücherstraße 34 und 36, davor ein grüner Baum

Fassade der Häuser Blücherstraße 34 und 36
Foto: Christian Balcke, Kassel

Christian Balcke hat fast sein ganzes Leben in der Blücherstraße, Unterneustadt, zugebracht. Hier hat er als kleines Kind den Bombenangriff auf Kassel erlebt, wurde evakuiert und spielte nach der Rückkehr in den Trümmern.

Im Jahr 2000 hat er begonnen seine Kindheitserinnerungen als Anekdoten nicht nur aufzuschreiben und zu sammeln sondern auch zu illustrieren. So ist ein kleines Buch mit dem Titel „Als Opa hamstern ging“ entstanden. Die Geschichte um die Zerstörung ihres Wohnhauses wird hier in einer damaligen kindlichen Erlebnisperspektive geschildert.

Mein Vetter Gunther erzählt:

„Bei dem großen Bombenangriff im Oktober 1943 wurde auch unser Haus getroffen. Brandbomben hatten es in Brand gesetzt. Wir verließen den Luftschutzkeller, warteten auf einer Wiese vor dem Haus. Warteten auf den Morgen, hofften dass Hilfe zum Löschen der Flammen kommt, hofften dass das Feuer von selbst ausging, keine Nahrung mehr findet, hofften, dass nicht Teile des Hauses einstürzen, so könnte unsere Mutter noch ein paar Möbel retten. Wir wohnten im Erdgeschoss und bis das viergeschossige Haus vom Dach bis zum Erdgeschoss ausgebrannt war, das dauerte seine Zeit; Also zuerst die Betten und den Inhalt der Kleiderschränke. Aus der Speisekammer und der Küche gabs nichts zu holen außer Geschirr und leeren Töpfen. Und dann geschah das Schreckliche und Wunder zugleich.

Die Mutter war gerade aus dem Haus getreten, zu uns gekommen, da fiel ein kleiner Giebel auf den Hauszugang, zerschellte auf dem Plattenweg. Da hatte ihr Engel sie beschützt.“

An diese Geschichte werde ich erinnert wenn ich am Heiligen Abend den Engel mit dem gelben Kleid zu unsrer Krippe stelle.

In einer weiteren Geschichte mit dem Titel „Petersilie“ schildert er auch dieses für ihn einschneidende Kindheitserlebnis der Zerstörung seines Wohnhauses.

Kinder spielen vor einem Gitterzaun, einer hält einen Strauß Petersilie in der Hand, hinter dem Zaun stehen Menschen
Petersilie  Foto: Christian Balcke, Kassel

„Mit dem Vater spazierte ich durch unser Wohnviertel, an einem Zaun entlang, hinter dem ein flaches Gebäude stand. Ein Kindergarten oder eine Turnhalle? Hinter ein mit Drahtgeflecht bespannten Tor standen ein paar Männer. Die schauten zu einem Schuljungen, der etwas unter dem Tor durch schob. Ein Bund Petersilie.

Ein Haus brennt, Männer tragen Möbel auf die Straße
Zwangsarbeiter helfen beim Räumen der Wohnung  Foto: Christian Balcke, Kassel

"Warum wurde das Tor eigentlich nicht geöffnet? Das sind Zwangsarbeiter“, so der Vater. "Als unser Haus von Brandbomben getroffen brannte, halfen sie und schleppten Möbel auf die Straße."

Text: Christian Balcke

Zeichnungen: Christian Balcke

Ich danke dem Autor für die Zustimmung dieses zum Nachdenken auffordernde Zeitdokument, in einer Zeit in der in der Ukraine ein Menschen verachtender Krieg herrscht, zu veröffentlichen.

Editor Erhard Schaeffer, März 2022

 

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Kurzbeschreibung

Christian Balcke hat fast sein ganzes Leben in der Blücherstraße, Unterneustadt, zugebracht. Hier hat er als kleines Kind den Bombenangriff auf Kassel erlebt, wurde evakuiert und spielte nach der Rückkehr in den Trümmern.

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