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Der Steckrübenwinter 1916/17

Die küchenfertige Steckrübe

Die küchenfertige Steckrübe
Foto: Tiia Monto, commons.wikimedia.org/wiki/File:Rutabaga2.jpg

Um die Jahreswende 2023/24 wurde von deutschen Politikern in Fernseh-Interviews ein Begriff gebraucht, der besondere Beachtung verdient. Im Zusammenhang mit den seit zwei Jahren laufenden und ins Stocken geratenen Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine wurden Überlegungen geäußert, die Produktion von Panzern und Munition in der Bundesrepublik Deutschland auf „Kriegswirtschaft“ umzustellen. Nach mehr als 75 Jahren Frieden in unserem Land, ist mir, und wahrscheinlich vielen anderen meiner Generation, die Begriffsbestimmung von „Kriegswirtschaft“ schwergefallen. Die unten zusammengetragenen Informationen und Berichte von Zeitzeugen über den Ersten Weltkrieg, speziell über den sogenannten „Steckrübenwinter 1916/17“, sollen einen Einblick gewähren, wieviel Elend die damals verordnete „Kriegswirtschaft“ in Deutschland verursacht hat.

Am 31. Juli 1914 erklärte Kaiser Wilhelm II. den Kriegszustand für das Deutsche Reich. Mit seinem Aufruf vom 6. August 1914 wurden alle Wehrpflichtigen zu den Waffen gerufen. In dem Appell heißt es wörtlich „…Mitten im Frieden überfällt uns der Feind! Nun auf zu den Waffen.“

Das Infantrieregiment 83 auf der Hohentorstraße in Kassel zieht 1914 in den Krieg
Das Infantrieregiment 83 auf der Hohentorstraße in Kassel zieht 1914 in den Krieg  Foto: C. Eberth, Kassel

Mit viel Vaterlandsliebe und voller Begeisterung zogen tausende Männer in den Krieg. In dem Glauben an eine deutschen Übermacht durch moderne Waffen und in Erinnerung an den vorangegangene Krieg gegen Frankreich (1870/71), der schon nach kurzer Zeit mit einem deutschen Sieg endete, waren viele Soldaten davon überzeugt, dass der Krieg kurzfristig entschieden werden könne. Optimisten verabschiedeten sich mit dem Satz. „Weihnachten sind wir wieder zuhause.“ Mit dieser trügerischen Gewissheit hatte auch die Reichregierung in Berlin auf eine ausreichende Bevorratung mit lebenswichtigen Waren verzichtet.

Werbung für die Kriegsanleihe zur Finanzierung des 1. Weltkriegs
Werbung für die Kriegsanleihe zur Finanzierung des 1. Weltkriegs  Foto: Fritz Erler, https://avanti.wlb-stuttgart.de/bfz/plakat/grec.php?urN=777&highlight=FUL+1917%3F

Doch schon bald kam vieles anders. Bereits im Winter 1915 litten die Streitkräfte der „Mittelmächte“ (Deutschland, Österreich-Ungarn, Osmanisches-Reich und Bulgarien) unter einem eklatanten Munitionsmangel. Den Kriegsgegnern, die „Entente“, war es unter der Federführung von England gelungen, eine wirksame Seeblockade in der Nordsee zu errichten, die sogenannte „Kontinentalsperre“. Neben vielen andern lebenswichtigen Importen fiel auch die Einfuhr von Chilesalpeter aus, der nicht nur bei der Düngemittelproduktion eine Rolle spielt, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung von Nitroglycerin, also Sprengstoff war. Dadurch entstand eine Konkurrenzsituation zwischen militärischer und ziviler Nutzung desselben Rohstoffs. Mit reichsweiten Anordnungen wurden in der Folge die Bauern aufgefordert, mineralischen Kunstdünger einzusparen und stattdessen wieder mehr Mist auf den Feldern auszubringen. Außerdem wurden rund 750.000 t in Deutschland gelagerte stickstoffhaltige Stoffe beschlagnahmt. Diese Bestände sollten vor allem der Munitionsproduktion zugeführt werden.
Mit Fortdauer des Krieges spitze sich der Versorgungsmangel im Bereich der Nahrungsmittel zu und der damalige Kasseler Oberbürgermeister Erich Koch musste schon im Februar 1915 mit Brotmarken die Verteilung dieses Grundnahrungsmittels kontingentieren. Durch die Einberufung einer großen Zahl wehrfähiger Männer an die Front und die ausfallende Einfuhr von wichtigen Rohstoffen sank das Bruttosozialprodukt des Deutschen Reiches erheblichen und das Steuereinkommen verringerte sich deutlich. Die Reichsregierung versuchte die Finanzierungslücke ihres Haushaltes mit einer Serie von Staatsanleihen zu decken. Durch den Eintausch von privatem Goldschmuck gegen wertlose Schuldverschreibungen wurde versucht, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden. Der Krieg wurde auf Pump finanziert.

Aufruf zum Seifensparen
Aufruf zum Seifensparen  Foto: Sebastian Wallroth, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Spare_seife_aber_wie.jpg

Schon im 1. Kriegswinter fehlten den Soldaten so grundlegende Ausrüstungsgegenstände wie eine wärmende Uniformen. Die Bevölkerung wurde deshalb im Rahmen einer „Reichswollwoche“ zur Spende von warmer Kleidung aufgerufen. Zum Ausgleich der fehlenden aber dringend benötigten Rohstoffe wurde die Forschung an Ersatzstoffen intensiviert. Einer der kriegswichtigsten Ersatzstoffe war der nach dem "Haber-Bosch-Verfahren" aus Luft gewonnene Stickstoff. In der Körperhygiene spielte Ersatzseife eine Rolle, die aus Tonmineralen, Speckstein und Stand bestanden, wenig Waschkraft hatte und unbeliebt war.

Sammlung von Bezugskarten aus dem 1. Weltkrieg
Sammlung von Bezugskarten aus dem 1. Weltkrieg  Foto: Claus Hanak, Buchen, https://www.schule-bw.de

Spenden und Apelle reichten bald nicht mehr aus, den zunehmenden Mangel in allen Bereichen des täglichen Lebens entgegenzusteuern. Der Ruf nach einer zentralen Steuerung zur Beseitigung des Versorgungschaos wurde immer lauter. Am 22. Mai 1916 wurde auf Grundlage von Artikel 4 der Verordnung des Bundesrates über „Kriegsmaßnahmen zur Sicherung der Volksernährung“ das Kriegsernährungsamt gegründet. Das Amt unterstand direkt dem Zugriff des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg.
Die deutsche Kriegswirtschafts-Politik hatte vier grundlegende Ziele:

  • das Herstellen von ausreichend Kriegsmaterial (Munition, Waffen, sonstige Ausrüstung) für die neue Kriegsform der Materialschlachten, zu diesem Zweck vor allem die Sicherung der Rohstoffversorgung,
  • die Aufteilung von Arbeitskräften beziehungsweise Soldaten zwischen Armee und Wirtschaft, vor allem Rüstungsbetrieben, um beide funktionsfähig zu erhalten,
  • das Erhalten des sozialen Friedens durch Ausgleich zwischen den Interessen von Unternehmern, Arbeitern und dem kriegführenden Staat,
  • das Sicherstellen der Nahrungsmittelversorgung trotz der von den Alliierten verhängten Wirtschaftsblockade.

Die nun folgende „Lebensmitteldiktatur“ erwies sich als „Schwert ohne Schärfe“. Die Einwirkungsmöglichkeiten des Amtes blieben gegenüber der Regelungskompetenz des Bundesrates, der Länder und vor allem des Kriegsministeriums außerordentlich beschränkt. So blieb z. B. die Versorgung des Heeres mit Munition mangelhaft, da es der Industrie nur unzureichend gelang, sich auf den ständig wechselnden Bedarf an verschiedenen Munitionsarten an der Front einzustellen. Die beteiligten Rüstungsunternehmen steigerten ihre Produktionskapazitäten nur langsam und spekulierten auf eine kurzen Kriegsdauer. Durch künstliche Verknappung versuchten sie dem Kriegsministerium hohe Preise aufzuzwingen.
Die Oberste Heeresleitung (OHL) ordnete Ende August 1916 die als „Hindenburg Programm“ bezeichnete totale Mobilmachung an. Sie hatte das Ziel, in Form einer reinen Militärdiktatur die Interessen und Rechte der politischen Stellen beiseite zu schieben und den militärischen Interessen unterzuordnen. Im Mittelpunkt des Plans stand die Verdoppelung der Munitionsproduktion und die Verdreifachung der Lieferung von Maschinengewehren und Geschützen. Alle nicht kriegswichtigen Betriebe und Ausbildungsstätten sollten geschlossen werden.
Die planwirtschaftlichen Maßnahmen des Kriegsernährungsamtes zur Regulierung der Preise und die Forderungen der OHL führte sehr schnell zu Schwarzhandel und Wucher. So hat z.B. ein Großteil der Bauern ihre Ernteerträge verheimlicht und die Kartoffeln wegen der zu niedrigen Preise nicht an die Bevölkerung oder die Aufkäufer des Staates verkauft, sondern an ihr Vieh verfüttertet. In der Folgezeit kam so viel Schweinefleisch auf den Markt, dass das Kriegsernährungsamt in Berlin von einem Überangebot ausging. Um den allgegenwärtigen Mangel an Kartoffeln mit tierischen Fetten auszugleichen und die Ernährungssituation der Bevölkerung schnell aufzubessern, wurden im ersten Quartal 1915 mehr als fünf Millionen Schweine geschlachtet, der sogenannte „Schweinemord“. Durch diese zentrale Maßnahme sank der Fleischpreis zunächst rapide, stieg danach aber schnell in exorbitante Höhen und war für weite Teile der Bevölkerung nicht mehr zu bezahlen. Die Folgen dieser Anordnung hatten die Versorgungssituation der deutschen Zivilbevölkerung zusätzlich verschärft. Der Mangel an Fleisch und Fett blieb ein wesentlicher Teil der Ernährungskrise bis zum Ende des Krieges.   
Die Umsetzung der zentralen Anordnungen des Kriegsernährungsamtes lag in den Händen der Landratsämter und Kommunen. Die Stadt Kassel hatte Anfang des Ersten Weltkrieges etwa 150 000 Einwohner Ein erprobtes Mittel zur Verteilung des vorhandenen Mangels war die Ausgabe von Zuteilungsmarken. Die Stadtverwaltung übernahm den Bezug von Lebensmittel von den Produzenten und den Großhändlern und verteilte anschließend die Ware über einen festgelegten Schlüssel an ca. 800 dafür berechtigte Läden gleichmäßig im ganzen Stadtgebiet. Die Verteilung erfolgte über ein gedrucktes Kartensystem mit Mengenangaben, die durch öffentliche Bekanntmachung aufgerufen und dann ausgegeben wurden. Wegen der sich ausbreitenden Mangellage wurde das Bezugssystem im Laufe des Ersten Weltkrieges auf fast alle Dinge des täglichen Bedarfs ausgeweitet z. B. auf Fleisch. Mehl, Kohlen, Textilien, Zucker, Schuhe und auch Seife.

Satirisches Kochrezept aus dem 1. Weltkrieg
Satirisches Kochrezept aus dem 1. Weltkrieg  Foto: Brenner Dr., Carmina, Verregneter Sommer und Hungerwinter 1917/17 im Südwesten, Stat. Monatsheft Baden-Württemberg, 6+7 2018

Die Ernährung der Bevölkerung verschlechterte sich im Herbst 1916 dramatisch. Eine schwere Missernte, verursacht durch reichlichen Niederschlag und frühen Wintereinbruch, verringerte nicht nur die Kartoffelernte, sondern führte auch zu niedrigen Getreideerträge. Die über die Lebensmittelkarten verteilten Grundnahrungsmittel reichten nicht mehr aus, um den täglichen Bedarf der Menschen an Kalorien zu decken. Neben der empfohlenen Selbstversorgung durch Obst- und Gemüseanbau im Hausgarten, das Sammeln von Ölfrüchten im Wald und das Halten von Kleinvieh war, speziell in den Städten, der Verzehr von Steckrüben die einzige und immer wiederkehrende Möglichkeit den täglichen Bedarf an Kalorien ersatzweise zu decken.
Der Durchschnittsverbrauch an Kalorien eines Erwachsenen lag 1913 bei rund 3.000 Kalorien am Tag. Durch die verordnete Ersatzernährung, z.B. über die vermehrten Ausgabe der Karten für den Bezug von Steckrüben, fiel im Kriegswinter 1916/17 die Versorgung meist unter 1.000 Kalorien pro Tag und Einwohner.
Die Steckrübe ist im Anbau anspruchslos, wächst auch ohne den fehlenden Kunstdünger und bei fast jedem Wetter. Sie ist zwar vergleichsweise vitaminreich, hat jedoch gegenüber der Kartoffel einen wesentlich geringeren Kalorienanteil. Somit ist sie, trotz ausgiebigen Verzehrs, auf die Dauer nicht geeignet, den täglich Kalorienbedarf des Menschen abzudecken.
Die Unzufriedenheit der Menschen über die Versorgungslage im Winter 1916/17 war sehr groß. Über die allgemeine Stimmung der betroffenen Menschen ist in den Medien der damaligen Zeit nur wenig zu lesen. In den Archiven wird durch aufbewahrte Ansichtskarten und Karikaturen belegt, dass Künstler der Not mit Ironie und Sarkasmus begegneten.
Einen tieferen Einblick in die Gefühlslage der Betroffenen vermitteln überlieferte Tagebücher und Briefe aus jener Zeit. Der in Hamburg-Altona wohnhafte Großvater des Verfassers hat in der Zeit des Ersten Weltkriegs ein Tagebuch geführt. Dort befindet sich im März 1917 der folgende Eintrag

Albin S. im Kriegsjahr 1915
Albin S. im Kriegsjahr 1915  Foto: B. Schaeffer, Kassel

„Altona, Freitag, den 2. März 1917
Der Winter war sehr streng, es war sehr kalt, 15 bis 20 Grad Kälte. Es ist jetzt noch sehr kalt. Ich esse jetzt mittags in der Kriegsküche für 30 Pf. Steckrüben und immer wieder Steckrüben. Kartoffeln gibt es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Es ist dieses Jahr ein schlimmer Winter. Nichts zu essen und dabei so kalt. Vom 1. Sept. bis zum 7. Dez. war ich Soldat, dann bin ich wieder Granatenrevisor geworden. Ich bin zwar Soldat geblieben, verdiene aber dasselbe wie vorher, kann aber in Zivil gehen. Jetzt ist gegen England der U-Bootkrieg eingeleitet worden, hoffentlich führt er zum Ziel und wir bekommen bald Frieden. Das Brot wird jetzt auch mit Steckrüben gebacken.
Heute ist der 11. März, meine Frau hat mir einen kleinen Jungen geschenkt. Am 8. März wurde unser Sohn H.-G. geboren. Wenn wir den Jungen nur groß bekommen bei diesen schweren Zeiten. Meine Frau liegt in der Entbindungsanstalt in der Norder Straße.“

Anmerkung des Verfassers: H.-G. hat die schweren Zeiten überstanden und wurde mein Vater.

Ein weiteres persönliches Dokument aus jener Zeit verdanken wir dem Chef des Sächsischen Lebensmittelamtes Walter Koch aus Dresden.
(DHM-Bestand; Inv.-Nr.: Do2 2000/2128):

„An den Leiden der Bevölkerung durch Hunger und Kälte haben meine Familie und ich unser redlich Teil getragen. Es verstand sich von selbst, dass ich als Lebensmitteldiktator mich strengstens an die Rationierungsvorschriften halten musste und mich mit dem Schleichhandel, der fast allen anderen ein wenig nachhalf, in keiner Weise einlassen durfte. Infolgedessen war bis zum Kreisschluss Schmalhans Küchenmeister in meinem Hause. Ich selbst nahm, als die Butter und Schokolade aus dem Handel verschwanden, in kurzer Zeit 15 Kilo an Körpergewicht ab. Aber schlimmer als der Hunger erschien mir die Kälte. Die Zentralheizung des Hauses durfte infolge der Knappheit nachts nicht durchgefeuert werden, so dass meine beste Arbeitszeit, abends von 10 bis 2 Uhr, kalte Zimmer fand. Mit einem kleinen Kanonenöfchen suchten wir den Übelstand zu mildern; doch war es schwer, Heizmaterial zu bekommen.
An das Herz griff einem der Anblick meiner Kinder. Ich sehe sie noch, den 15jährigen Manfred und die 11jährige Vera, aus der Schule kommen und wortlos in Speisekammer und Büfett nach etwas Essbarem für ihren Hunger suchen. Das Traurigste waren die Kämpfe mit der Frau, die ihre ohnehin schmale Portion den Kindern zusteckte und ihre Gesundheit damit gefährdete. 5 oder 6 Zentner Kohlrüben haben wir in jenem schlimmen Winter gegessen. Früh Kohlrübensuppe, mittags Koteletts von Kohlrüben, abends Kuchen von Kohlrüben. Und bei alledem waren wir noch viel besser dran als hunderttausende andere, vor allem in den Grenzgebieten.“

Sogenannte Volks- oder Suppenküchen sowie durch die Straßen fahrende Feldküchen mit bezahlbaren Mahlzeiten reichten nicht aus, das Leid und den Hunger auch nur annähernd zu lindern. Morgens, mittags, abends nur noch Steckrüben - die meisten Deutschen konnten sie, in welcher Form auch immer, nicht mehr sehen. Wer die Not und den Krieg überlebte, wollte sie auch in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr essen. Erst in den letzten Jahren, beflügelt durch eine Tendenz zur vegetarischen und veganen Ernährung, ist die (Brassica napus) also die Steckrübe, wieder in den Auslagen des Gemüsehandels zu finden.
Die schlechte Versorgungslage des Winters 1916/17, bekannt unter den Pseudonym „Steckrübenwinter“ hatte für die gesamte Bevölkerung schlimme Folgen. Viele durch Hunger und Mangelernährung verursachte Krankheiten wie Tuberkulose, Magen- und Darmerkrankungen und Hungerödeme nahmen drastisch zu. In der Folge stieg die Übersterblichkeitsrate der Zivilbevölkerung stark an. In der Tagespresse der damaligen Zeit wurde an die Zivilbevölkerung appelliert, keine Jammerbriefe an die Front zu senden, um nicht die Disziplin der Truppe zu zersetzen.

Bekanntmachung zur Wehrpflicht im Februar 1918
Bekanntmachung zur Wehrpflicht im Februar 1918  Foto: https://avanti.wlb-stuttgart.de/bfz/plakat/grec.php?urN=5024&highlight=FUL+Kassel%3F

Gegen Ende des Krieges, Anfang 1918, kam es dann in Kassel wegen der ausbleibenden Kriegserfolge und der schlechten Versorgungslage zu Unruhen und Streiks. Der verantwortliche General des Wehrbezirks sah sich genötigt mit entsprechenden Aufrufen an die Einhaltung der Wehrpflicht zu appellieren.
In den Kriegsjahren zwischen 1914 und 1918 starben in Deutschland nach Schätzungen von Historikern 700.000 Menschen an Hunger und Unterernährung, und damit mehr als im Zweiten Weltkrieg durch die Bombardierung der Deutschen Städte (ca. 600.000).
Hinter dem Wort „Kriegswirtschaft“ verbarg sich im Ersten Weltkrieg sehr viel mehr, als nur die gesteigerte Produktion von Maschinengewehren, Panzern und Granaten und den Ersatz von Rohstoffen, dass sollte jeder bedenken, bevor er mit dem Begriff „Kriegswirtschaft“ in die Öffentlichkeit geht.

Text und Editor: B. Schaeffer, Februar 2024

Quellen:

Wo spielt dieser Beitrag?

Kurzbeschreibung

Um die Jahreswende 2023/24 wurde von deutschen Politikern in Fernseh-Interviews ein Begriff gebraucht, der besondere Beachtung verdient. Im Zusammenhang mit den seit zwei Jahren laufenden und ins Stocken geratenen Waffenlieferungen an die überfallene Ukraine wurden Überlegungen geäußert, die Produktion von Panzern und Munition in der Bundesrepublik Deutschland auf „Kriegswirtschaft“ umzustellen. Nach mehr als 75 Jahren Frieden in unserem Land, ist mir, und wahrscheinlich vielen anderen meiner Generation, die Begriffsbestimmung von „Kriegswirtschaft“ schwergefallen. Die unten zusammengetragenen Informationen und Berichte von Zeitzeugen über den Ersten Weltkrieg, speziell über den sogenannten „Steckrübenwinter 1916/17“, sollen einen Einblick gewähren, wieviel Elend die damals verordnete „Kriegswirtschaft“ in Deutschland verursacht hat.

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