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Ware los und Kunden weg

Fleischerei Bechstein in den 50er Jahren

Fleischerei Bechstein in den 50er Jahren
Foto: Helmut Bechstein

Hans Bechstein betrieb in der Leipziger Straße eine Fleischerei und verlegte die 1945 in die Singerstr. im heutigen Stadtteil Forstfeld. Sein Sohn Helmut beschreibt einige der damaligen Probleme.

Mein Vater, Hans Bechstein, betrieb in der Leipziger Straße 74 (ehemals Leipziger Vorstadt) eine Fleischerei (als Pächter der Fleischerei Johannes Jabs), welche im Oktober 1943 durch Bomben völlig zerstört wurde. 1945 konnte  er am Schröderplatz ein Haus erwerben, welches er umbaute und die Fleischerei noch im gleichen Jahr eröffnete. Diese wurde in den folgenden Jahrzehnten mehrfach erweitert, 1976 übernahm ich den Betrieb, baute an und modernisierte. Nach 1945 erwies sich die Arbeit nicht immer als einfach und es waren manche Hürden zu bewältigen. Angefangen vom Handwagen, der dazu diente, das Fleisch vom Schlachthof zu holen. Da es zu dieser Zeit keine Kühlung für Fleisch und Wurst gab, wurde Stangeneis verwendet. In den 50er Jahren war Fleischbrühe bei den Kunden sehr begehrt. Unsere Kunden standen mittwochs ab 6 Uhr stundenlang mit mitgebrachten Milchkannen an, um kostenlos etwas Fleischbrühe zu erhalten. Um die Kunden auch außer Haus beliefern zu können, wurde die Ware mit dem Fahrrad (mit einem großen Korb vorne!) transportiert. Man war halt erfinderisch! Auch war es damals üblich, dass der Kunde seine Ware anschreiben ließ und einmal im Monat bezahlte. Wir hatten im Laden ein Schild angebracht, welches die Situation damals beschrieb:

"Borgen ist ein zweifach Pech; Ware los und Kunde weg!"

Als Kinder wurden wir des Öfteren losgeschickt um Außenstände einzusammeln, was nicht immer ungefährlich - weil für uns nicht immer schmerzfrei - ausging. Nach 1976 florierte mein Partyservice immer mehr. Für mich bedeutete das: Aufstehen um 4 Uhr und Arbeiten und Ausliefern bis 22 Uhr, das hält man nicht immer aus, sodass ich 2003 die Fleischerei schloss.

Bilder vom Haus und Laden in der Singerstraße
Bilder vom Haus und Laden in der Singerstraße  Foto: Helmut Bechstein

Text und Fotos: Helmut Bechstein

Editor: Falk Urlen

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Kurzbeschreibung

Hans Bechstein betrieb in der Leipziger Straße eine Fleischerei und verlegte die 1945 in die Singerstr. im heutigen Stadtteil Forstfeld. Sein Sohn Helmut beschreibt einige der damaligen Probleme.

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