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Die älteste Bank in Bettenhausen

Ehemalige Spar- und Kreditbank in der Leipziger Strasse 169, 2012

Kasseler Bank in der Leipziger Strasse 169, 2012
Foto: Bernd Schaeffer, Kassel

Die Bürger und Landwirte in Bettenhausen erkannten Ende des 19. Jahrhunderts, dass es für größere Investitionen unumgänglich ist, Kapital, sprich Geld, zu sammeln und Kredite aufzunehmen. Um dem oft praktizierten Wucher des freien Marktes entgegen zu wirken, gründeten sie in 1896 die Spar- und Kreditbank Bettenhausen in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. Die zuerst nur lokal tätige Bank ist innerhalb des Ortskerns wiederholt umgezogen und hat in den mehr als 110 Jahren ihres Bestehens mehrfach mit überregionalen Genossenschaftsbanken fusioniert, an den sozialen Grundsätzen aus der Gründerzeit hat sie jedoch bis heute festgehalten.

Die Spar- und Kreditbank Bettenhausen wurde am 01.12.1896 in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft gegründet und hatte ihre ersten Geschäftsräume im Elbeltshof am Dorfplatz heute Erfurter Straße 11. Genossenschaftsbanken wie die Spar- und Kreditbank Bettenhausen basieren auf den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung aufgestellt von Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
In der Gründerzeit legten die Genossenschaftsbanken besonderen Wert auf die Geschäftsbereiche Kapitalansammlung und der Kreditgewährung für die sogenannten kleinen Leute.

Die Spar-und Kreditbank hatte in Elbeltshof am Dorfplatz ihre ersten Geschaeftsraeume
Die Spar-und Kreditbank hatte in Elbeltshof am Dorfplatz ihre ersten Geschaeftsraeume  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Zu den Mitbegründern und ersten Mitgliedern der Spar- und Kreditbank Bettenhausen gehörten 1896 insbesondere die selbstständigen Landwirte des Dorfes. Erst später kamen die ortsansässigen Einzelhändler und die schnell wachsende Zahl der Arbeiter und Angestellten als Mitglieder und Kunden der Genossenschaft hinzu.
Nach der Eingemeindung in 1906 zog die aufstrebende Bank mit ihren Geschäftsräumen an die verkehrsgünstigere Leipziger Str. in das Haus Nr. 136, wo sie bis 1929 im Adressbuch zu finden ist. Ein erneuter Umzug geschah während des Zweiten Weltkrieges, ab 1941 war das Erdgeschoß des Eckhauses in der Ringhofstraße 2 / Ecke Leipziger Straße 171 für 24 Jahre Sitz der Spar- und Kreditbank Bettenhausen.

Leipziger Strasse 171 war ab 1941 Sitz der Spar- und Kreditbank Bettenhausen
Leipziger Strasse 171 war ab 1941 Sitz der Spar- und Kreditbank Bettenhausen  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Mit steigenden Umsätzen und wachsenden Kundenzahlen wurde 1965 ein eigener Bankneubau in der Leipziger Straße 159 notwendig. In dem viergeschossigen Gebäude hatte die Spar- und Kreditbank ihre Geschäftsräume im Erdgeschoß und in einem Anbau zur Hofseite die Büroräume. Ein gut gesicherter Tresorraum befand sich im Keller. Im ersten Obergeschoß führte der Rechtsanwalt und Notar H. K. Görk viele Jahre seine Kanzlei. Die beiden oberen Geschosse waren als Wohnungen vermietet.

Bankneubau aus 1965 in der Leipziger Str. 159
Bankneubau aus 1965 in der Leipziger Str. 159  Foto: Fam. Schaeffer, Kassel

Um den Privatkunden in der Eichwaldsiedlung und im Niestetal den Weg in die Leipziger Straße zu ersparen, existierte für mehrere Jahre in der Heiligenröder Straße Ecke Umbachsweg eine Filiale, die aber wegen Unwirtschaftlichkeit wieder aufgegeben wurde.

Ob die Schließung der Filiale im Zusammenhang mit dem spektakulären Banküberfall vom 17. Juli 1987 steht, ist nicht bekannt. Nach Berichten der Lokalpresse hatte ein maskiertes Räubertrio am Samstagmorgen um 8:45 Uhr in der Bank eine 38jährige Kundin aus Uschlag als Geisel genommen, sie mit einer Pistole bedroht und den einzigen Bankangestellten zur Herausgabe des Geldes aufgefordert. Um das Leben der Geisel nicht zu gefährden, übergab der Kassierer fast 16 000 DM an die Bankräuber. Nachdem diese das Geld in eine weiße Plastiktüte verstaut hatten, verließen sie die Bank und flüchteten mit einem bereitstehenden Mercedes 280 E mit Höxter-Kennzeichen.
Da die Täter sehr dilettantisch vorgegangen waren, gelang es der Polizei schon innerhalb der folgenden 48 Stunden sie festzunehmen und die Hälfte der Beute sicherzustellen. Die Straftat wurde von der Polizei als Beschaffungskriminalität zur Bezahlung von Drogen eingeordnet.
 

Bankfiliale in der Heiligenroeder Strasse 18
Bankfiliale in der Heiligenroeder Strasse 18  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.
Anzeige der Spar- und Kreditbank aus 1957
Anzeige der Spar- und Kreditbank aus 1957  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Anfang der 1980er Jahre ließ die Bank auf dem Grundstück des ehemaligen Lebensmittelgeschäftes Münstedt, Leipziger Straße 169 / Ecke Ringhofstraße einen von dem Kasseler Architekturbüro Dipl.-Ing. Fey und Kramer nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten angepassten Neubau errichten (siehe Foto oben). Am 22. Mai 1982 war die feierliche Einweihung. Das Gebäude an einer bevorzugten Stelle in Bettenhausen fällt auch heute noch wegen seiner architektonisch besonders aufwendig gestalteten Fassade auf.
Damit kehrte die Bank nach 17 Jahren an die Ringhofstraße zurück, genau gegenüber dem Gebäude in dem sie ab 1941 schon einmal ihre Geschäftsräume hatte.
Heute, im Jahre 2013, befindet sich die Bank, mehrfach modernisiert, noch immer in der Leipziger Straße 169, nur der Bankname änderte sich. Nach der Fusion mit der Volksbank Kassel erfolgte eine weitere Verflechtung. Die Bank trägt jetzt den Namen „Kasseler Bank e. G." und ist damit ihren genossenschaftlichen Grundsätzen treu geblieben.

 

Autor und Editor: Bernd Schaeffer, März 2013.
Der Autor bedankt sich bei Frau Waltraud Becker für Ihre Recherchen.

Fotos: Privatarchiv einer ehemaligen Angestellten der Spar- und Kreditbank Bettenhausen

Quellen:

  • Geschichtskreis Bettenhausen früher und heute im Stadtteilzentrum Agathof
  • HNA Ausgaben vom 21.05.1982 und 18.07.1987

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Kurzbeschreibung

Die Bürger und Landwirte in Bettenhausen erkannten Ende des 19. Jahrhunderts, dass es für größere Investitionen unumgänglich ist, Kapital, sprich Geld, zu sammeln und Kredite aufzunehmen. Um dem oft praktizierten Wucher des freien Marktes entgegen zu wirken, gründeten sie in 1896 die Spar- und Kreditbank Bettenhausen in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. Die zuerst nur lokal tätige Bank ist innerhalb des Ortskerns wiederholt umgezogen und hat in den mehr als 110 Jahren ihres Bestehens mehrfach mit überregionalen Genossen-schaftsbanken fusioniert, an den sozialen Grundsätzen aus der Gründerzeit hat sie jedoch bis heute festgehalten.

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