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Die Fulda wird schiffbar

Ein Mann und ein Kind stehen an der Schleuse. Schleusung ca. 1953 bei Spiekershausen

Schleusung ca. 1953 bei Spiekershausen
Foto: WSA Hann Münden

Die rasante Industrialisierung nach 1850 und das starke Anwachsen der Bevölkerung in Deutschland (1852: 36 Mio., 1895: 52 Mio.) erfordert neben dem Bau des Eisenbahnnetzes auch den Ausbau von Flüssen und Kanälen. Zwischen 1863 und 1917 werden in Deutschland 27 große Projekte des Verkehrswasserbaus durchgeführt.

Die Entwicklung des Frachtverkehrs auf der Fulda, der Personenverkehr war um die Jahrhundertwende unbedeutend, erfüllten nicht die hochgesteckten Ziele der Stadt. Im Jahr 1900 liefen im Kasseler Hafen 235 Frachtschiffe mit einer Gesamttonnage von 22.647 Tonnen ein, die von Kassel abtransportierte Tonnage war weit geringer = 16.340 Tonnen.

Schon damals zeichneten sich die Nachteile der 70 Jahre späteren Stilllegung der Frachtschifffahrt ab. Bis zur Fertigstellung des Weser-Ems-Kanal (Mittellandkanal) 1906-1916, war der Schiffsweg auf die Weser begrenzt. Die Unterweser war von Bremen bis Minden kanalisiert und als Wasserstraße voll ausgebaut, während der Oberlauf der Weser zwar keine Staustufen hatte, dafür aber manchmal einen flacheren Wasserstand als die der Fulda aufwies. Selbst die 600 t. Schiffe konnten sehr oft ihre Tonnage nicht voll ausnutzen. Der große Nachteil kanalisierter Flüsse ist das Stauwasser hinter den Nadelwehren, es friert leichter. Im Gegensatz zur freien Weser wies die Fulda jedes Jahr zwischen 70 bis 100 Sperrtage für den Schiffsverkehr auf, ganz abgesehen vom Zeitverlust der siebenfachen Schleusung. Für die Wirtschaftlichkeit der Berufsschifffahrt waren das erhebliche Nachteile.

Ein neues Problem der gesamten Weser-Schifffahrt stellte die Wassereinspeisung durch das Hauptpumpwerk Minden, das 1916 in Betrieb genommen wurde. Dadurch konnte sich der Wasserpegel der Weser um 30-40 cm senken. Abhilfe kam von der preußischen Regierung mit dem Bau der Edertalsperre, die vorrangig zur Wasserversorgung des Mittellandkanals und parallel dem Hochwasserschutz und der Energiegewinnung dienen sollte.

Auf dem Mittellandkanal waren alle Schleusen für die kommenden 1000 t. Schiffe vorgesehen, ein schwerer Schlag für die Fulda-Schifffahrt, mit ihren kleineren Durchfahrten für 600 t. Schiffe.

Winterarbeiten an der Schleuse Wolfsanger. Männer versuchen mit Stangen etwas aus dem Wasser zu holen.
Winterarbeiten an der Schleuse Wolfsanger  Foto: WSA Hann Münden

Für die Schifffahrt auf der Fulda spielte um die Jahrhundertwende die Personenschifffahrt eine geringere Rolle. Erwähnenswert ist der Dampfer „Lydia” von Kapitän F. Dehne, sowie der Dampfer „Gustav” ebenfalls unter Kapitän F. Dehne. Dieser Dampfer wurde 1896 in einen Hinterrad - Salondampfer umgebaut und erhielt den Namen der Tochter von Kapitän Dehne „Elsa”, der 1919 in den Besitz von Ernst Ziege überging.

1899 erhielt Balthasar Jacob aus der Hafenstraße 45 die Personenbeförderung für das Motorboot „Jacob”, das 1901 in Hameln mit einer Zwillingsdampfmaschine von 30 PS umgebaut wurde und sich jetzt „Wilhelmshöhe” nannte. Außer der Barkasse „Chassalla” (1925) Eigner unbekannt, durchkreuzte 1922 das Passagierschiff „Hertha”, die Fluten der Fulda. Eigner war Hans Bürgel Schleusenmeister der Stadtschleuse und Schlossermeister Ohle.

Alle Personenschiffe unternahmen Ausflugsfahrten von Kassel zur „Grauen Katze” und nach 1896 auch nach Hannoversch Münden. Da erst 1913 die Großschifffahrtsschleuse am linken Unterneustädter Ufer eröffnet wurde, lagen die Schiffe an der Anlagestelle Hafenstraße 45, oder auch an der städtischen Ladestelle gegenüber dem Hafen und am Ufer an der Schützenstraße.

Schleuse und Walzenwehr 1960
Die Fulda unterhalb der Stadtschleuße, links der Raddampfer ELSA  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Ab 1913 fuhren fast alle Schiffe von der Schlagd und von der Drahtbrücke flussabwärts zum Ausflugslokal „Graue Katze”, ab.

Text: Gerhard Böttcher, 2014

Editor: Erhard Schaeffer, November 2015

 

Quelle:  Wasserschifffahrtsamt Hann Münden

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Kurzbeschreibung

Die rasante Industrialisierung nach 1850 und das starke Anwachsen der Bevölkerung in Deutschland (1852: 36 Mio., 1895: 52 Mio.) erfordert neben dem Bau des Eisenbahnnetzes auch den Ausbau von Flüssen und Kanälen. Zwischen 1863 und 1917 werden in Deutschland 27 große Projekte des Verkehrswasserbaus durchgeführt.

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